report 60

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Die Grundirrtümer des Neoliberalismus. Wider die Thesen von Hans-Werner Sinn und weiteren Unsinn

Fred Schmid, Franz Garnreiter, Tatjana Fuchs, Conrad Schuhler, Wigand Cramer

32 Seiten, November 2004

Vergriffen, aber als Download verfügbar

Seit Jahren bombardieren die Unternehmer und ihre Institute und Parteien die Öffentlichkeit mit ihren neoliberalen Parolen. Angeblich habe Deutschland nur noch eine Chance, wenn Löhne, Arbeitnehmerrechte und Sozialstandards drastisch reduziert werden. isw-AutorInnen haben die als Wissenschaft getarnten Propagandalügen Punkt für Punkt widerlegt:

Der Neoliberalismus hat in Deutschland – wie in anderen Industrieländern – die ideologische Lufthoheit inne. Ob in den Medien, unter der Talkshow-Prominenz, an Hochschulen oder Stammtischen, in Gemeinderäten oder im Bundestag, überall klappern die Gebetsmühlen, dass Wirtschaft und Gesellschaft sich nach dem Prinzip der Kostenminimierung und der Profitmaximierung der Unternehmen zu richten hätten. Löhne und Sozialstandards gelten nur noch als Kosten, als Ballast, der über Bord zu werfen ist. Immer stärkere Geschütze werden von den publizistischen Vorreitern aufgefahren. Der Chefredakteur der Financial Times Deutschland überschreibt seine Epistel: “Rettet den Kapitalismus. Wie Deutschland wieder an die Spitze kommt.” Bei Gabor Steingart, Ressortleiter Wirtschaft des ’Spiegel’, lautet der Marktschrei: “Deutschland. Der Abstieg eines Superstars.” Und ifo-Chef Hans-Werner Sinn, der Primus der Propagandistenschar, titelt: “Ist Deutschland noch zu retten?”

Seine kaum überraschende Antwort: Nur wenn Löhne, Arbeitnehmerrechte und Sozialstandards weiter drastisch abgebaut werden. Die Arbeitszeit müsste ohne Lohnausgleich auf mindestens 42 Stunden verlängert werden. Tarifautonomie und Kündigungsschutz müssten abgeschafft werden. Arbeitslosenund Sozialhilfe zusammen zu legen, reiche bei weitem nicht – die Sozialhilfe sei viel zu hoch. Die Steuern auf hohe Einkommen und auf Kapitalerträge müssten drastisch reduziert werden – die Gegenfinanzierung solle durch radikale Kürzung der öffentlichen Ausgaben erfolgen. Den Horrorkatalog nennt der Vorsitzende des Siemens-Konzerns von Pierer “goldrichtig”. Sinns Buch sei “Pflichtlektüre”.

Das isw sah es als seine Pflicht an, den als Wissenschaft getarnten Parolen der neoliberalen Propagandakompanien mit Fakten und theoretischen Analysen entgegen zu treten. Im Sommer 2004 haben wir in München ein Seminar über “Die Grundirrtümer des Neoliberalismus” angeboten, zu dem sich in wenigen Tagen über 50 InteressentInnen anmeldeten. Mit 25 von ihnen führten wir an sechs Abenden das Seminar durch. Die meisten der TeilnehmerInnen kamen aus Gewerkschaften, Attac, der Friedensbewegung und anderen Gruppen des sich herausbildenden Münchner Sozialforums. Der Erfolg des Unternehmens war beidseitig. Die TeilnehmerInnen erklärten, sie hätten die Probleme für sich selbst besser klären können und könnten sich nun auch in den Diskussionen mit KollegInnen oder in der Öffentlichkeit und auch in ihren Aktionsgruppen besser verständlich machen. Die isw-ReferentInnen lernten, dass es ein starkes Bedürfnis gibt, klarer keynesianische von marxistischen Alternativen zum Neoliberalismus abzugrenzen, und präzisere Vorstellungen zu entwickeln, wie gesellschaftliche, wie die Produktionsverhältnisse auszusehen hätten, um eine humane Nutzung der sich im globalen Maßstab entwickelnden Produktionsmittel zu sichern. Im zweiten isw-Seminar, das im November/Dezember 2004 stattfindet, sollen diese Anregungen berücksichtigt werden.

Der vorliegende Report fasst das Angebot der Seminar-Vorträge zusammen. Hinzu kommt der Text von Wigand Cramer, der sich mit dem von den Unternehmerverbänden bejubelten “6+1-Programm für den Neuanfang” von Sinn auseinandersetzt.

  • Fred Schmid: Irrtum Nr.1: Der Standort Deutschland ist nicht mehr wettbewerbsfähig, weil Löhne und Sozialstaat zu teuer kommen.
  • Franz Garnreiter: Irrtum Nr. 2: Kosten senken, alle Märkte deregulieren – dann gibt es weder ein Absatz- noch ein Beschäftigungsproblem, weil alle Produkte wettbewerbsfähig sind und ihre Nachfrage finden.
  • Tatjana Fuchs: Irrtum Nr. 3: Das hohe Niveau der sozialen Absicherung verhindert marktgerechte Löhne und sorgt so für Arbeitslosigkeit.
  • Conrad Schuhler: Irrtum Nr. 4: Die Globalisierung erhöht den Wohlstand aller Nationen und hilft, die Teilung der Welt in Arm und Reich zu überwinden.
  • Wigand Cramer: “Ist Deutschland noch zu retten?” – vor wem oder was denn eigentlich?

Schlagwörter

Neoliberalismus
 
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