Die Lufthansa hat sich durchgesetzt: Sie erhält eine Hilfe seitens des Steuerzahlers in Höhe von 9 Mrd. Euro, ohne dass der Steuerzahler über die staatlichen Stellen nennenswert Einfluss auf die Lufthansa erhält, schon gar nicht auf ihre Tagesgeschäfte und die strategische Ausrichtung. Weil: Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer, wie man praktisch täglich in den Zeitungen nachlesen kann.

Vier kurze Anmerkungen dazu:

  1. Die 9 Mrd. Euro gliedern sich in:
  • 300 Mio. Euro Aufstockung des Eigenkapitals, Übernahme eines Anteils von 20 %;
  • 5,7 Mrd. Euro stille Einlage, deren Verzinsung ansteigt von 4 % heute auf 9,5 % ab 2027;
  • 3 Mrd. Euro Kredit mit einer Laufzeit von 3 Jahren von der staatlichen KfW, verzinst mit 4 %.

Keine der verhandelnden Seiten stellt in Frage, ob die Lufthansa diese Kredite zurückzahlen kann. Frage: Wenn aktuell die Fähigkeit der Lufthansa zur Rückzahlung so klar ist, wieso zahlt sie dann 4 bis 9,5 % Zinsen, in einer Zeit, in der das Zinsniveau nahe Null liegt und jede Bank heiß darauf ist, gute Kredite auszugeben? Ist das Lufthansa-Management blöde? Können die nicht eins und eins zusammen zählen?

  1. Dieser Zinssatz liegt auf dem Niveau von absoluten Schrottanleihen. Sogar für italienische und griechische Anleihen (von denen jeder Zeitungsleser weiß, dass da nie eine Rückzahlung kommen wird) liegt die Zinsrendite nur halb so hoch. Vielleicht sollte der Steuerzahler also damit rechnen, dass er von seinen 9 Mrd. Euro eher nicht mehr viel zurück bekommen wird. Dann, immerhin, hat der Steuerzahler eine der größten Fluglinien, die größte deutsche, vor der Insolvenz gerettet, was der Wirtschaftsminister Altmaier für unabdingbar, eigentlich überlebenswichtig für die deutsche Wirtschaft hält – denn für ihn unvorstellbar, Deutschland ohne große nationale Fluglinie. Da sind die 9 Mrd., die vom Steuerzahler statt von den Lufthansa-Kunden kommen, wirklich nicht zu viel verlangt (und sie reihen sich würdig ein in die lange Kette der bisherigen Subventionszahlungen des Steuerzahlers zur Entlastung der gebeutelten Lufthansa-Aktionäre und der Vielflieger).
  1. Alternative? An der Börse war die Lufthansa 3,5 Mrd. Euro wert und stand unausweichlich vor der Insolvenz. Für einen Bruchteil der 9 Mrd. Subventionen hätte man die Lufthansa als Ganzes bekommen können. Das wäre die Basis – ein öffentliches Unternehmen, dessen Geschäftsziele von parlamentarischen Debatten und Abstimmungen (mit-)bestimmt werden (der Graus aller Aktionäre) – um in einem zentralen Sektor der Mobilität eine alternative, umweltfreundliche, klimafreundliche Verkehrspolitik aufzubauen. Die Flughäfen sind eh in öffentlichem Eigentum, alle nötigen Instrumente lägen also parat – also, nur mal für den Fall, nur mal so gedacht, wenn man wirklich was tun wollte gegen die Klimazerstörung.
  1. Aber: ich bin kein Jurist und will daher all die vielen kleinen und großen Probleme, die einem solchen Herangehen aus den diversen Verordnungen erwachsen, nicht beurteilen. Die Brüsseler wachen über die Marktordnung in der EU. Es dürfen keine Monopole entstehen, niemand darf zu viel Marktmacht haben, und auch der Staat darf sich nur ganz, ganz beschränkt einmischen. Möglicherweise ist daher ein solches Vorhaben, also die Übernahme der Lufthansa in staatliche, öffentliche Hand, nicht zulässig. Ein staatliches Unternehmen, mit Gesetzeskraft im Rücken, hätte eine enorme Marktmacht (was zur Durchsetzung einer vernünftigen Klimapolitik ja durchaus sinnvoll wäre). Die Brüsseler Marktwächter würden eine solche Übernahme also wohl verbieten.

Na schade für den Klimaschutz. Dann halt eben nicht. Die Lufthansa lässt sich ja trotz der Abhängigkeit von den 9 Mrd. Euro nichts dreinreden, nicht mal zum Ausmaß der Kurzstreckenflüge, auch nicht zur Preisgestaltung. Aber immerhin sind sich alle einig (Wirtschaftsminister, Lufthansa), dass wir mehr tun wollen für Klimaschutz. Das ist doch auch schön. Da erreichen wir bestimmt die baldige Dekarbonisierung.

Eine abschließende Frage: Können / dürfen wir das marktwirtschaftliche, auf individueller Konkurrenz und Raubbau basierende Wirtschaftsmodell überhaupt juristisch legal umwandeln hin zu einem sozialistischen, also einem kooperativen und nachhaltigen Wirtschaftsmodell? Das Grundgesetz soll ja immerhin neutral sein hinsichtlich eines marktbasierten oder eines kooperativen Wirtschaftssystems.