Vortrag in Bayreuth auf den 20. Bayreuther Gesprächen im Wilhelm-Leuschner-Zentrum am 30. September 2025 in Kooperation mit dem DGB-Oberfranken

„Wir lernen aus der Geschichte, dass wir nichts lernen.“

Mit dieser Erfahrung meiner Frau, die mehr als vierzig Jahre an zwei Gymnasien Geschichte unterrichtet hat, will ich nicht provozieren, sondern auf das grundsätzlich fragwürdige von historischen Vergleichen aufmerksam machen. Mit Recht betont der Historiker Martin Sabrow die Ambivalenz jedes historischen Vergleichs: „Er ist ein unentbehrliches Instrument der Geschichtsschreibung, tendiert aber dazu, die Vergangenheit aus der Perspektive der Gegenwart zu beleuchten und damit zu verengen. Seine Stärke liege in der selbstreflexiven Herausforderung, da die Wahl des Vergleichsfalls, mit dem ein Untersuchungsgegenstand in Beziehung gesetzt wird, immer eine ‚normative Vorentscheidung‘ bedeute.“ (1) Meine eigene „normative Vorentscheidung“ besteht darin, dass ich erstens Antifaschist bin und zweitens, dass ich Ähnlichkeiten zwischen 1933 und 2025 ahne, aber angestrengt darüber nachdenken muss, ob es mehr Ähnlichkeiten oder mehr Differenzen gibt. Sicher aber ist, dass die gegenwärtigen Bedingungen einerseits auf denen der Vergangenheit stehen, andererseits aber auch einem Wandel unterliegen. Gegenwärtig haben wir das Wissen, wie sich Anfang 1933 der deutsche Faschismus kontinuierlich entwickelte – dieses Wissen hatte die deutsche Bevölkerung vor 1933 nicht.

Um das Ergebnis meines Nachdenkens und meines Vortrags vorwegzunehmen: Ich glaube nicht, dass wir 2025 am gleichen Punkt stehen wie Anfang 1933 (2) und ich will das kurz begründen. Mein erstes Argument ist quantitativer Natur, denn viel zu viele Variablen machen die beiden Jahre unvergleichbar. Mein zweites Argument ist qualitativer Natur. Der Faschismus der NSDAP war nicht nur ultrarechts, sondern war eine rechtsterroristische Bewegung, die sich insbesondere gegen die sozialistische Arbeiterbewegung von KPD und SPD richtete. Selbst wenn man den rechtsextremen Gewaltterror der Wehrsportgruppe Hoffmann zwischen 1973 und 1982 (3), den des rechtsextremen NSU zwischen 2000 und 2007 mit zehn Toten, (4) die militärischen Gewaltphantasien der Reichsbürgerbewegung oder das riesige Kriegswaffenarsenals von Rechtsradikalen in Remscheid berücksichtigt, gibt es gegenwärtig keine der SA vergleichbare terroristische Bewegung. Gegenwärtig gibt es auch keine sozialistische Arbeiterbewegung, die einem historischen Faschismus notwendigerweise und definitorisch als Antipode diente. Und ein Vergleich des Parteiprogramms der NSDAP und Hitlers Kampfschrift „Mein Kampf“ mit dem Parteiprogramm der AFD zeigt, dass die AFD „nur“ rechtsextrem ist, mit ihrer Ausländerfeindlichkeit aber nicht die Qualität des extinktistischen Antisemitismus der Nazis erreicht.

Transformation der Demokratie und Amerikanisierung

Eine kritische Analyse des Vergleiches von 1933 mit 2025 übersieht allzu häufig erstens die damaligen und heutigen Kapitalkräfte und zweitens geopolitische Zusammenhänge. Für die Gegenwart kann man von einer unheilvollen Transformation der Demokratie (5) ausgehen. Was meint das? In einer transformierten Demokratie spiegelt das Parlament nicht länger den Volkswillen, sondern hat sich zu einem antidemokratischen Forum entwickelt, deren Parteien Teil des Staates geworden sind und die die Direktiven einer Wirtschaftsoligarchie in die Medien transformieren. Die 5.000 Lobbyisten in Berlin und die 20.000 Lobbyisten in Brüssel sind hierbei nur die kleine sichtbare Spitze eines Eisbergs. Immerhin beläuft sich der Aufwand der Berliner Lobbyindustrie auf rund 1 Mrd. Euro. Mit einem Parlament als Kulisse werden in dieser transformierten Demokratie die Gegensätze von Kapital und Arbeit nur scheinbar harmonisiert und nur äußerlich befriedet; bei weitgehend entpolitisierten Gewerkschaften resultiert diese Befriedung in deren traditioneller Strategie der Sozialpartnerschaft. Scheinbar von der Mehrheit der Bevölkerung getragen, stabilisiert sich in der transformierten Demokratie auf diese Weise die gesamte Herrschaftsordnung. In ihr kann der Gegensatz von Kapital und Arbeit nur noch im Bereich der Kulturarbeit thematisiert werden (z. B. bei Hochhuth, Böll, Schlingensief, Jelinek, Peymann), übernimmt aber als Symbolpolitik häufig nur Ventil- und Alibifunktion.

Mit anderen Worten: Alle demokratischen Parteien haben ihren Burgfrieden mit dem Kapital gemacht, haben es hingenommen, dass abhängig Beschäftigte verarmten, haben linke, sozialistische und antikapitalistische Kräfte zerstört und damit rechten Kräften zugetrieben. In der Weimarer Republik war das ein kurzer Prozess, der nur zehn Jahre dauerte und der sich in der BRD länger hinzog, aber prinzipiell war der politische Prozess derselbe. Dieser Prozess war in der BRD im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern deswegen besonders ausgeprägt, weil die BRD ein „Frontstaat“ war. Die politischen Parteien – in Art. 21 GG Fmit einem besonderen Schutz und der Kraft ausgestattet, die „Willensbildung des Volkes“ mitzugestalten (nicht: zu gestalten) – haben sich inzwischen zu staatsnahen Kartellparteien transformiert. (6) Diese Staatsparteien mit ihrer parlamentarischen Fraktionsdisziplin, ihren Parteisoldaten und ihrer Funktionselite haben sich völlig vom Volkswillen (Art. 20 GG) entfernt. CDU-, SPD-, FDP- oder Grünenpolitiker, ob Friedrich Merz, Lars Klingbeil, Christian Lindner oder Omid Nouripour wurden zu austauschbaren und flexibel rotierenden Marionetten in einer nur mit sich selber kommunizierenden sozio-kulturellen Blase.

Diese Transformation ist gegenwärtig ein idealer Nährboden für die AfD.

Der radikaldemokratische Wiederaufbauprozess der BRD nach 1945, auch mit einer CDU, die wie im Ahlener Programm, in ihrem starken christlichen Arbeitnehmerflügel, Ideen einer solidarischen Ökonomie des katholischen Theologen Oswald von Nell-Breuning und dem Konzept einer sozial abgefederten Marktwirtschaft eines Ludwig Erhard „linke“ Züge aufwies, dauerte nur kurze Zeit an. Nur kurz nach dem Hitler-Faschismus flossen erhebliche Finanzmittel der Firmen Krupp, Flick, Siemens, Oetker und der Deutschen Bank in die CDU, CSU und FDP, nachdem genau diese Unternehmen in der Weimarer Republik zunächst rechte Parteien wie das Zentrum oder die DNVP, und dann die NSDAP finanziert hatten. Nach 1945 unterstützten die westlichen Militärregierungen und die von ihnen lizensierten Medien wie Welt, Spiegel, SZ und Zeit genau diesen politischen Kurs, wobei gerade „Die Zeit“ ein Auffangbecken alter Nazi-Journalisten gewesen war.

Diese Politik in Deutschland ist zweitens geopolitisch einzuordnen. Eine Amerikanisierung der europäischen Politik gilt seit 1918 besonders für Deutschland. Sogar während der Nazi-Zeit waren die folgenden US-Konzerne in Deutschland aktiv: Ford, GM, Remington, DuPont, CocaCola, IBM, ITT, Texaco, United Fruit, John Deere oder Standard Oil. Der Marshallplan brachte den USA nach 1945 eine ungeheuerliche Ausdehnung ihres Kapitals in Deutschland. (7)

Diese Amerikanisierung von Kapital, Börsen, Investmentfonds, Technologie, Militär, Politik, Medien, der Consulting-Branche usw. hat in der BRD und im gesamten westlichen Europa die unheilvolle Transformation der Demokratie befördert. Für die BRD kann man die Jahre 1960 bis 1990 als eine Ausnahmephase ansehen, sozialdemokratisch wurde die Transformation abgepuffert und abgefedert und auf Gewerkschaftsseite gab es nicht nur eine herrschaftskonforme Strategie der Sozialpartnerschaft, sondern auch den Anspruch, Tarife nicht nur durchzusetzen, sondern auch allgemeinpolitisch abzusichern.

Das Ende dieser sozialdemokratischen Phase Anfang der neunziger Jahre fiel nicht zufällig mit weiteren Wechseln und Weichenstellungen zusammen. 1. In der Industrie löste der Postfordismus die veraltete Massenproduktion standardisierter Güter durch flexible Produktionsformen ab. 2. Bei der Zusammensetzung des Bruttoinlandsprodukts wurde der Dienstleistungssektor endgültig größer als der industrielle Sektor. 3. Parallel zur drastischen Abnahme der Staatsquote wurden Güter und Dienstleistungen der allgemeinen Daseinsvorsorge radikal dem privaten Kapital zugeführt. 4. Mit dem Ende der DDR gab es auch ein Ende der Systemkonkurrenz. 5. In Folge der französischen Philosophien von Michel Foucault und Jacques Derrida löste in der Gesellschaftswissenschaft ein sprach- und kulturkritisches Räsonieren die bislang vorherrschende Ideologiekritik und eine politökonomische Analyse ab. Systemkritik mutierte zu wechselnder politischer Kultur. Alle fünf Veränderungen gegenüber der sozialdemokratischen Phase von 1960 bis 1990 schlugen drastisch auf die gesamte Bevölkerung durch.

In einer einst kontroversen und konfliktiven Parteienlandschaft positioniert sich in Deutschland die Sozialdemokratie nicht länger als Arbeiterpartei, sondern als Partei der Mitte, die Gewerkschaften beanspruchen für sich immer weniger einen eigenen politischen Auftrag, handeln größtenteils nicht mehr autonom, sondern Arm in Arm mit der Sozialdemokratie und die politische Linke ist eine historisch zu vernachlässigende Rest- und Randgröße geworden, vergleicht man sie in der Weimarer Republik mit einer revolutionären KPD, die 1932 17% aller Stimmen auf sich vereinen konnte oder der reformistischen SPD mit 37,9% 1919 oder 29,8% 1928.

Geopolitisch vollziehen sich aber gegen die hier vielfach aufgeführten Beispiele einer Amerikanisierung der BRD völlig andere politische Prozesse. Der ungleich größere „Rest“ der Menschen – etwa 7 Mrd. Menschen im globalen Süden gegen 1 Mrd. Menschen im Westen – organisiert sich anders und gegen die USA, wenn auch keineswegs einheitlich. Unter Führung von China blüht, wächst und gedeiht ein immens starker und größer werdender Tiersmondismus. In der Ukrainepolitik unterstützen nur rund 40 von 193 UN-Mitgliedstaaten den US-geführten Minderheiten-Kapitalismus und in der Israelpolitik sind es noch bei weitem weniger Länder. In beiden Fällen befördert diese Politik eine weitere Isolierung des US-geleiteten Westens.

Schon aus reinem Eigeninteresse kann Deutschland seine außenpolitische Isolation nur dadurch aufbrechen, in dem es auf allen Ebenen und Gebieten eine Kooperation mit neuen Partnern jenseits der 40-Länder-Grenze sucht. Vor allem müssten die ökonomisch nur kurzfristig zu erzielenden Gewinne der gegenwärtigen Freihandelsverträge mit einzelnen Ländern der Dritten Welt so verändert werden, dass beide Vertragspartner auf Augenhöhe einen langfristigen Gewinn für sich erzielen könnten. Im Gegensatz zur jetzigen Ausbeutung des Südens müssten dann aber die komparativen Kostenvorteile für beide Seiten gleichmäßig und gerecht verteilt werden.

Gewerkschaften – damals und heute 

Konstant scheint mir die Verantwortung der Gewerkschaften für die Demokratie zu sein und das aus wenigstens zwei Gründen. Auch wenn man trefflich darüber streiten kann, ob es heute noch Arbeiter gebe oder nicht, so produziert der Gegensatz von Kapital und Arbeit nach wie vor abhängig Beschäftigte. (8) Außerdem entziehen sich Gewerkschaften als autonome gesellschaftliche Gruppe den Gefahren in einem parlamentarischen Rahmen transformiert zu werden.

In der Nazizeit haben sich einerseits viele Gewerkschafter – wie in Solingen – freiwillig und von sich aus der faschistischen Deutschen Arbeitsfront (DAF) angeschlossen, waren andererseits aber auch aktiv im antifaschistischen Widerstand und wurden deshalb zu tausenden in Gefängnissen und KZs gefoltert, hingerichtet, getötet und ermordet.

Wilhelm Leuschner war einer der herausragenden sozialdemokratischen antifaschistischen Widerstandskämpfer, der als Mitglied nationalkonservativer Kreise nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 am 29. September 1944 von den Nazis ermordet wurde. Als bedeutender Sozialdemokrat war Leuschner 1928 Innenminister des Volksstaates Hessen (also Hessen-Darmstadt, Rheinhessen und Oberhessen). In einem möglichen Schattenkabinett von Generaloberst Ludwig Beck und dem Leipziger Oberbürgermeister Carl Goerdeler war Leuschner im Gespräch als Vizekanzler einer zukünftigen neuen deutschen Regierung. Als entschiedener Antifaschist wurde Leuschner im Januar 1933 Vorstandsmitglied im Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) und setzte sich dort für eine Einheitsgewerkschaft ein. Wegen seiner Weigerung, mit den Nazis und der DAF zu kooperieren, wurde Leuschner im Mai 1933 verhaftet und war unter den Nazis zwei Jahre in den Zuchthäusern und KZs Börgermoor/Niedersachsen, Rockenberg/Hessen und Lichtenburg in Prettin/Sachsen-Anhalt interniert.

Für seinen andauernden Kampf um eine Einheitsgewerkschaft sind die Memoiren des Kommunisten Wolfgang Langhoff aus dem KZ Börgermoor aufschlussreich. Der Mitautor des Textes des berühmten Liedes „Die Moorsoldaten“ sprach von dem Sozialdemokraten Leuschner in den höchsten Tönen. Es habe zwischen ihm und den kommunistischen Gefangenen „ein durchaus freundschaftlich-kameradschaftliches Verhältnis“ gegeben und Leuschner habe es mit seinem „kameradschaftlichen Verhalten“ verstanden, „mit allen Barackeninsassen im besten Einvernehmen zu sein“. Gleichermaßen positiv hatte er sich schon vor der Veröffentlichung seiner Erinnerungen geäußert, nämlich 1946 im „Neuen Deutschland“: Leuschner sei ein „patenter Kerl“ und „freundlicher Mann“ gewesen, ein kluger Freund der Arbeiterschaft“ und ein „guter Kamerad, der mich das Leben und die Menschen lieben lehrte.“ (9)

Hatten die sozialdemokratischen und kommunistischen Widerstandskämpfer während ihrer gemeinsamen Leidenszeit in den KZs ihre politischen Auseinandersetzungen aus der Weimarer Republik überwinden können, so forderten sie am 19. April 1945 im KZ Buchenwald gemeinsam eine „Volksfront aller antifaschistischen Kräfte“ und die „Bildung von antifaschistischen Einheitsgewerkschaften“. Während ihrer Zeit im KZ hatten sie erkannt, dass die Spaltung der Arbeiterschaft in Sozialdemokraten und Kommunisten der NSDAP zur Macht verholfen hatte. Dementsprechend heißt es noch heute in der Satzung der IG Metall, dass es in dieser Gewerkschaft keinen Platz für „neofaschistische, militaristische und reaktionäre Elemente“ geben könne. (10)

Eine gemeinsame Politik von SPD und KPD zur Verhinderung eines faschistischen Staates scheiterte an strukturellen Versäumnissen und Fehlern auf beiden Seiten. Nach Einschätzung des Marburger Politikwissenschaftlers Wolfgang Abendroth von 1976 hatte die KPD für eine Einheitsfront-Politik keinerlei strategisches Konzept und der SPD ging es vorrangig um eine Stabilisierung der alten Machtverhältnisse. (11) Auch heutige Historiker wie Mark Jones teilen diese Perspektive meines akademischen Lehrers Abendroth: „Für Ebert waren die deutschen Kommunisten die Todfeinde der SPD. Es gab Zeiten, in denen sie sein Leben bedrohten und Zeiten, in denen er seinerseits Soldaten befahl, mit härtester Gewalt gegen kommunistische Aufstände vorzugehen. Für Ebert hatte politische Stabilität oberste Priorität. Er empfand gegenüber der Republik ein Pflichtgefühl, das ihn zu einem vehementen Unterstützer der Großen Koalition Stresemanns machte. Er wünschte, dass die SPD-Kompromisse mit der DVP einging, statt Verbindungen zur KPD zu knüpfen.“ (12)

Auch der Antifaschist Wilhelm Leuschner hatte sich heftig von Kommunisten distanziert. Er ging davon aus, dass die Kommunisten die Weimarer Republik ebenso zerstört hätten wie die Nationalsozialisten und dass eine Sozialdemokratie gegen beide Kräfte gleichermaßen zu kämpfen habe. (13) Diese Einschätzung ist aber empirisch falsch – die militante Gewalt der SA war um ein Mehrfaches zerstörerischer als alle Militanz von kommunistischer Seite. Allein im Reichstagswahlkampf 1932 sorgte die SA mit ihren fast einer halben Millionen Mitgliedern für 300 Tote und mehr als 1.000 Verletzte. Doch hinter Leuschners Gleichsetzung von Kommunisten mit Nazis steht die nach wie vor beliebte Gleichsetzung von Links- mit Rechtsextremismus. Erst kürzlich verstieg sich der CDU-Politiker Roland Koch zu der Behauptung, dass Deutschland linker werden würde, wenn man die AfD wählen würde. (14) Doch diese sogenannte Hufeisentheorie ist – sorry! – aus historischer und sozialwissenschaftlicher Sicht nicht nur Ideologieproduktion, sondern einfach Quatsch.

Selbstverständlich gab es in der Arbeiterbewegung Berührungspunkte zwischen kommunistischen und faschistischen Arbeitern. Doch längst nicht alle Arbeiter waren so kämpferisch und klassenbewusst wie die Arbeiter aus dem Roten Solingen, die bei der Reichstagswahl im November 1932 mit 41,4% zur stärksten Partei geworden waren und mit Hermann Weber sogar einen kommunistischen Bürgermeister hatten (der allerdings vom preußischen Staatsministerium nicht bestätigt wurde). Der Berührungspunkt zwischen kommunistischen und faschistischen Arbeitern war das Kleinbürgertum, dass zwischen beiden Bewegungen hin und her schwankte. Und genau dieses politisch unentschiedene Kleinbürgertum hatte Clara Zetkin in ihrer Rede über die Gefahren des Faschismus 1923 im Blick, als sie sagte: „Der Träger des Faszismus ist nicht nur eine kleine Kaste, sondern es sind breite, soziale Schichten, große Massen, die selbst bis in das Proletariat hineinreichen.“ (15) Eine „Grand Old Dame“ wie Clara Zetkin konnte sich eine solche politische Analyse leisten und damit den klassenbewussten und siegesgewissen Proletarier, wenn auch nicht beerdigen, so aber doch kräftig relativieren.  

Für die Gegenwart ist kaum bekannt, dass das Grundgesetz mit Art. 139 rechtsverbindlich formuliert: „Die zur ‚Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus‘ erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.“ Dieser Artikel bezieht sich auf Gesetz Nr. 104 des Länderrates des amerikanischen Besatzungsgebietes, das im Laufe des Jahres 1946 auf alle Besatzungszonen übertragen wurde. Diese sog. Alliierten Vorbehaltsgesetze werden in der juristischen Fachliteratur unterschiedlich bewertet. Eine Position besagt schlicht und einfach, dass Art. 139 GG obsolet sei und eine andere Position sagt, dass man in einer liberal-demokratischen Demokratie nicht einseitig nur eine rechte Weltanschauung verbieten könne; wenn Art. 139 den Faschismus untersage, dann müsse ein solches Verbot auch für den Kommunismus gelten. Doch beide Interpretationen gehen am Wortlaut dieses Grundgesetzartikels vorbei. Art. 139 GG gehört neben anderen Artikeln des Grundgesetzes, besonders 1 und 20, zum Normbestand des Grundgesetzes. (16)

Auch und gerade vor dem Hintergrund von Art. 139 GG, müssen wir erschrocken zur Kenntnis nehmen, dass die AfD in einer Wählerumfrage des Instituts YouGov von Ende September 2025 mit 27% bundesweit zum ersten Mal vor der CDU liegt, (17) dass die SPD bei der Bundestagswahl 2025 720.000 frühere Wähler an die AfD abgegeben hat, dass in dieser Wahl die AfD bei den Zweitstimmen in Gelsenkirchen, einer alten Hochburg der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung, mehr Stimmen als die SPD hatte und dass die AfD ihren Stimmenanteil bei der Kommunalwahl in NRW in diesem Jahr auf 29,8% erhöhen konnte. Was für Gelsenkirchen gilt, trifft ähnlich auch auf Solingen zu. Bei der Kommunalwahl NRW vom 13. September 2025 holte „die mit Abstand meisten Stimmen […] die AfD von früheren SPD-Wählern.“ (18) Möglicherweise lässt sich zeigen, dass die heutigen AfD-Wähler Enkel und Kinder unter den Sozialisationsbedingungen ihrer vormaligen NSDAP-Väter und -Großväter aufgewachsen sind. Insider schätzen den AfD-Anteil an Mitgliedern der IG Metall auf rund zehn Prozent und inzwischen gibt es erste Betriebsratsvorsitzende der AfD. Die AfD hat inzwischen die SPD als Arbeiterpartei abgelöst, nicht als proletarische, aber als kleinbürgerliche Kraft, (19) während sich die SPD zu einer Partei des aufstiegsorientierten Mittelstandes der Angestellten verändert hat. Viele Fakten und Analysen sprechen außerdem dafür, dass die extreme Rechte dabei ist, sich in den Mainstream der politischen Kultur zu verwandeln. (20)

Diese soziologischen Bewegungen vom Arbeiter zum Kleinbürger stehen im Mittelpunkt des Buches „Rückkehr nach Reims“ des französischen Soziologen Didier Eribon. Für Nordfrankreich zeigt Eribon dasselbe, was Martin Becker mit seinem Roman „Die Arbeiter“ für den Oberbergischen Kreis schildern kann: Dieser Wechsel kann in ein oder zwei Generationen stattfinden. (21) Bei den Sinus-Milieus gibt es seit längerem kein proletarisches Milieu mehr. (22) Das dort gemessene Milieu der Unterschicht und der unteren Mittelschicht setzt sich aus drei Submilieus zusammen: Das prekäre Milieu beträgt mit 6,4 Mio. Menschen 9%, das traditionelle Milieu umfasst mit 11 Mio. Menschen 11% und das hedonistische Milieu ist mit 10,4 Menschen das stärkste Milieu und ihm entspricht ein Prozentsatz von 15%.

Was tun?

Lenins Frage konnte 1902 mit Kraft, Zuversicht und revolutionärem Mut gestellt werden und wurde mit der Oktoberrevolution 1917 mit einem welthistorisch neuen utopischen Entwurf beantwortet.

Das geht heute – und im Übrigen seit langem – nicht mehr. Nicht einmal eine zweite sozialdemokratische Abpufferung der ungebremsten Vorherrschaft des internationalen Kapitals, wie zwischen 1960 und 1990, ist denkbar oder machbar. Die berufliche Herkunft von Bundeskanzler Merz als früherem Aufsichtsratsvorsitzenden des US-amerikanischen weltweit größten Vermögensverwalters BlackRock in Deutschland steht für die gegenwärtig eigentliche Zeitenwende, nicht etwa im Sinne des früheren Bundeskanzlers Scholz als neuer deutscher Militärpolitik. Vielmehr meint die eigentliche Zeitenwende die Ablösung eines altertümlichen Kapitalismus an Rhein und Ruhr durch politisch nicht kontrollierte internationale Investmentfonds wie BlackRock, Bakersteel oder Fidelity und um die fünf weltweit größten internationalen Tech-Konzerne wie Apple, Amazon, Google, Facebook und Microsoft. Und die eigentliche Zeitenwende zeigt sich in der Politik dort, wo ein autokratisch-populistisch-faschistoider Präsident wie Donald Trump aus den USA eine Herrschaftsallianz mit Tech-Milliardären wie Elon Musk (Tesla) oder Peter Thiel (Palantir) eingeht. Der deutsch-österreichische Schriftsteller Daniel Kehlmann geht bezüglich der USA unter Donald Trump so weit, dort von „offenem Faschismus“ (23) zu reden. (24)

Vorweg: Ich bin in meinem Leben politisch fast hilflos geworden und weiß auf die Frage „Was tun?“ fast keine Antwort mehr. Eine minimalistische Antwort ist soziales Engagement mit ehrenamtlichen Aufgaben auf nachbarschaftlicher, kirchlicher und kommunaler Ebene. Es geht also um eine Stärkung der caring communities. Aber diese grundsätzliche und zeitlose Antwort betrifft nur Individuen und selbst die Addition von Vielen kann nie das Ganze erreichen, bleibt also gesamtgesellschaftlich irrelevant.

Für eine politische und gesamtgesellschaftliche Ebene kann ich nur noch abstrakte Größen und Werte angeben und die führen mich zum antifaschistischen Widerstandskämpfer Wilhelm Leuschner zurück, der im Übrigen von meinem akademischen Lehrer Wolfgang Abendroth sehr geschätzt wurde. Die zentrale Botschaft von Wilhelm Leuschner hieß, dass man nur in großer Solidarität und Einheit handeln könne. Tragisch sind in diesem Zusammenhang seine letzten Worte kurz vor seiner Ermordung durch die Nazis am 29. September 1944 – also gestern vor 81 Jahren. Blutüberströmt kam er aus der Folterkammer zurück und konnte seinen Freunden nur noch zurufen: „Morgen werde ich gehängt, schafft die Einheit!“ (25) Wilhelm Leuschner meinte damals die Einheitsgewerkschaft, doch sein Aufruf nach einer Einheit gilt allen antifaschistischen Kräften, auch heute noch. Gegen Faschismus, AfD und gegen Rechtsextremismus hilft nur solidarisches und gemeinsames Handeln aller demokratischen Kräfte, also der Gewerkschaften, der Kirchen, aller demokratischen Parteien, natürlich inklusive Linke, BSW und MLPD, vieler NGOs von konservativen Gruppen wie dem Deutschen Hausfrauen-Bund oder dem Bund der Heimatvertriebenen über Pro Asyl, Greenpeace, Amnesty International bis hin zu Gruppen wie Fridays for Future, extinction rebellion, Letzte Generation oder Gelbwesten. Kurz: Die gesamte Zivilgesellschaft ist aufgefordert, solidarisch gegen die AfD zu handeln.

Es ist mir ein besonderes Anliegen heute auch auf eine verfassungsrechtliche Lücke zu verweisen, die seit langem besteht und die es endlich zu schließen gilt. Art. 14 GG legt die Sozialbindung des Eigentums fest und Art. 20 GG definiert unsere Republik als Sozialstaat. Beide Artikel sind das Fundament unserer Republik und deswegen unterliegt Art. 20 sogar der sog. Ewigkeitsgarantie und kann auch nicht mit einer parlamentarischen Mehrheit geändert werden. Auch Wilhelm Leuschner war der Sozialstaat ein wichtiges Anliegen. 1929 schrieb er, dass die Weimarer Verfassung die „Tür öffnet für den Vormarsch zur sozialen Republik […]. Das Ziel heißt, aus der politischen die soziale Demokratie zu machen, die politische und soziale Gerechtigkeit zu ergänzen und zu vollenden durch die Sicherung der wirtschaftlichen Gerechtigkeit für alle Volksgenossen im Volksstaate wie das z. B. in der Forderung nach Wirtschaftsdemokratie einen Ausdruck gefunden hat.“ (26) Art. 14 und Art. 20 wären gegenwärtig so zu konkretisieren, dass man die anwachsende Armutskluft mit 20% armen Menschen und den von SPD-Kanzler Gerhard Schröder geschaffenen Niedriglohnsektor abschafft. Zu konkretisieren wäre die Sozialbindung des Eigentums von Art. 14 GG bei Grund und Boden so, dass der Raubtierkapitalismus der Baukonzerne nicht länger billige Wohnungen verhindern kann. Beide Grundgesetzartikel zusammengenommen sind aber noch nicht so radikal wie Leuschner, der ja 1929 eine Wirtschaftsdemokratie forderte, d. h. die politische Parität von Arbeit und Kapital – und nicht zufällig ist es eine Gewerkschaft wie die IG Metall, die bis auf den heutigen Tag in § 2 ihrer Satzung eine „Demokratisierung der Wirtschaft unter Fernhaltung von neofaschistischen, militaristischen und reaktionären Elementen“ fordert.

In der deutschen Geschichte gab es nur zweimal Mal einen Generalstreik und zwar während des Kapp-Putsches 1920 und 1948 gegen Preiserhöhungen und das vom CDU-Politiker Ludwig Erhard propagierte Modell einer Marktwirtschaft. Solche Methoden der sozialen Verteidigung wie ziviler Streik, Widerstand, ziviler Ungehorsam, Boykott, Sabotage und Demonstrationen sind zu studieren und zu lernen. Einen kleinen Anfang in dieser Richtung zeigte der CDU-Bürgermeister Thomas Kufen von Essen, der sich 2025 mehrfach mit Gruppierungen der Sozialen Verteidigung traf. (27) Im Übrigen „haben alle Deutsche das Recht zum Widerstand“, wenn die Ordnung des „demokratischen und sozialen Bundesstaates“ beseitigt wird und „wenn andere Abhilfe nicht möglich ist“. Diese Sätze stehen ebenfalls in Art. 20 GG. Und in der Hessischen Verfassung gibt es mit Art. 147 sogar eine Widerstandspflicht.

Ein erstes kleines Beispiel von Zivilcourage zeigte sich in meiner Stadt Solingen, als sich nach dem geheimen AfD-Treffen in Potsdam, bei dem es um die sog. Remigration von deutschen Migranten ging, am 28. Januar 2024 spontan eine Demonstration auf dem Neumarkt mit 5.000 Personen bildete, die größte Demonstration Solingens der letzten Jahre. Auffallend war nicht nur die Größe, sondern erstens auch das Bekenntnis vieler Teilnehmer, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben an einer politischen Demonstration teilnehmen würden und zweitens der Witz vieler Demonstranten, die auf ihren selbst gebastelten Plakaten Slogans verkündeten wie „Keine Pizzas für die AfD“ und „Nazis essen heimlich Döner“. Die Witze auf vielen Plakaten machen auf ein Moment von zivilem Widerstand aufmerksam, mit dem die Herrschenden nicht umgehen und es auch nicht befrieden können, nämlich Witz, Tücke, Trug, List, Spott, Ironie, Satire, Sarkasmus, Zynismus und Demaskierung der Herrschenden durch Klamauk und Lächerlichmachung. Hierzu kennt die Literatur (28) viele berühmte Beispiele: das Narrenschiff von Sebastian Brant (1494), das Volksbuch Till Eulenspiegel (1510), des Kaisers neue Kleider von Hans Christian Andersen (1837), der brave Soldat Schwejk von Jaroslav Hašek (1921), der Felix Krull von Thomas Mann (1922), die Dreigroschenoper von Bertolt Brecht (1928) oder der Hauptmann von Köpenick von Carl Zuckmayer (1931).

Ein zweites Beispiel von zivilem Widerstand zeigte sich in Solingen nach der Ermordung von fünf türkischen Frauen und Mädchen durch Nazis 1993. Während die Stadtspitze den Bau eines Denkmals zur Erinnerung an diese Morde mit der vordergründigen Begründung ablehnte, ein solcher Ort könne ein Magnet für Nazis werden, baute die Jugendhilfe-Werkstatt ein solches Denkmal aus eigenem Antrieb und baute es auf dem Vorplatz einer großen Schule auf. Gedachten vor diesem Denkmal, das ein Hakenkreuz kaputtmacht, an den ersten jährlichen Gedenktagen nur kleine Teile der Solinger Zivilgesellschaft, so wurde dieses Alternativ-Denkmal seit langem von der offiziellen Stadtpolitik Solingens übernommen und ist heutzutage jährlicher Treffpunkt von Präsidenten, Botschaftern und Bürgermeistern mit fest ritualisierten Reden und Kranzniederlegungen.

-------------------------------

Quellen

(1) Zit. nach Klos, Sandra und Vogel, Isolde: Der historische Vergleich: Erkenntnisgewinn und Kampfzone, in: H-Soz-Kult, 28. Februar 2023, https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/fdkn-134070 (Abruf am 19. August 2025).

(2) Damit stelle ich mich gegen einen Autor wie Philipp Ruch: Es ist 5 vor 1933, München: Ludwig Buchverlag 2024. Einige Argumente meines Aufsatzes verdanke ich dem Vortrag von Kreutz, Daniel: Vor neuen 33? Vortrag auf der ökosozialistischen Konferenz der Internationalen Sozialistischen Organisation am 2. Juni 2025 in Köln.  

(3) Vgl. Fromm, Rainer: „Wehrsportgruppe Hoffmann“. Darstellung, Analyse und Einordnung. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen und europäischen Rechtsextremismus, Frankfurt: Peter Lang Verlag 1998.

(4) Vgl. Lückenlos e. V. (Hrsg.): Wir klagen an! Anklage des Tribunals „NSU-Komplex auflösen“. 3. Aufl., Köln: NSU-Tribunal 2017.

(5) Vgl. Agnoli, Johannes: Die Transformation der Demokratie und verwandte Schriften, Hamburg: Konkret 2004 [Original: 1967].

(6) Vgl. Katz, Richard S. und Mair, Peter: Democracy and the cartelization of political parties, Oxford: Oxford University Press 2018.

(7) Vgl. Rügemer, Werner: Verhängnisvolle Freundschaft. Wie die USA Europa eroberten. Erste Stufe: Vom 1. zum 2. Weltkrieg, Köln: Papyrossa 2023. Ich danke meinem Freund Werner Rügemer für viele Anregungen in diesem Kapitel.

(8) Nur noch 49% aller Arbeitnehmer haben Arbeitsplätze mit Tarifbindung, 11% aller Erwerbstätigen arbeiten in einem Minijob und 2% aller Erwerbstätigen arbeiten als Leiharbeiter. Im Niedriglohnsektor arbeiten 6 Mio. Menschen. Langfristig geht die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder seit Anfang der 1990er Jahre zurück. Von allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind nur rund 15% gewerkschaftlich organisiert.

(9) Langhoff, Wolfgang: Die Moorsoldaten. Ein Bericht. 13 Monate Konzentrationslager, Berlin: Aufbau-Verlag 1947, S. 227 und 249; ders.: Ein guter Kamerad, in: Neues Deutschland, 29. September 1946.

(10) In der Satzung der IG Metall von 1950 ist die Rede von einer „Bereinigung der Wirtschaft von nationalsozialistischen, militaristischen und reaktionären Elementen“ und Mitglieder der IG Metall dürfen nicht „ehemalige Mitglieder der NSDAP“ sein, „die sich durch ihr Verhalten an den Maßnahmen und Verbrechen der Nationalsozialisten beteiligt haben.“ Ein Wechsel des Adjektivs von „nationalsozialistisch“ zu „neofaschistisch“ fand in den Satzungsversionen der IG Metall Mitte der 1950er Jahre statt. Im Vergleich zur Satzung der IG Metall von 1950 ist die Satzung von Verdi von 2001 unpolitisch. Wenn dort in § 5 steht, dass sich Verdi „zu Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates“ bekennt, dann ist das nicht mehr als eine inhaltslose Floskel, wie sie tagtäglich irgendwo ohne Sinn und Verstand aufgesagt wird. Die zeitliche Differenz von 1950 bis 2001 steht gleichzeitig für eine Entpolitisierung der deutschen Bevölkerung.

(11) Vgl. Abendroth, Wolfgang: Ein Leben in der Arbeiterbewegung, Frankfurt: Suhrkamp 1976, S. 115f.  

(12) Jones, Mark: 1923. Ein deutsches Trauma, Berlin: Zentrale für politische Bildung 2022, S. 262.

(13) Vgl. Leuschner, Wilhelm: Rede vor den Neuwahlen zum Hessischen Landtag am 30. Mai 1932 in: Brandt, Willy (Hrsg.): Das Gewissen steht auf. 64 Lebensbilder aus dem deutschen Widerstand 1933-1945, Frankfurt: Büchergilde Gutenberg 1963, S. 97.    

(14) Vgl. https://www.rnd.de/politik/roland-koch-zu-deutschlands-politik-wer-afd-waehlt-macht-die-republik-linker-STLHEAZ5LJDULLUDWK2SLEMYWE.html (Abruf am 13. September 2025).

(15) Zetkin, Clara: Rede auf der Konferenz der erweiterten Exekutive der Kommunistischen Internationale, Moskau, 12. – 13. Juni 1923, in: Nolte, Ernst (Hrsg.): Theorien über den Faschismus, Königstein: Athenäum 1984, S. 88-111; hier S. 89.

(16) Vgl. Stuby, Gerhard: Bemerkungen zum verfassungsrechtlichen Begriff „freiheitliche demokratische Grundordnung“, in: Abendroth, Wolfgang u. a.: Der Kampf um das Grundgesetz. Über die politische Bedeutung der Verfassungsinterpretation. Referate und Diskussionen eines Kolloquiums aus Anlass des 70. Geburtstages von Wolfgang Abendroth, Frankfurt: Syndikat 1977, S. 114-132.

(17) Vgl. Solinger Tageblatt, 18. September 2025, S. 4. Auf methodisch oft fragwürdige Umfragen von YouGov und dessen dubiose Besitzstruktur möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen.

(18) Zit. nach Solinger Tageblatt, 20. September 2025, S. 15.

(19) Vgl. Peters, Benedikt: Viel zu verlieren. Keine Partei kommt bei Arbeiterinnen und Arbeitern so gut wie die AfD. Woran liegt das? Eine Spurensuche, in: Süddeutsche Zeitung. 30./31. August 2025, S. 7.

(20) Vgl. Rauscher, Hans: Die extreme Rechte ist bereits Mainstream, in: Der Standard [Österreich], 9. September 2025.

(21) Vgl. Eribon, Didier: Rückkehr nach Reims, Berlin: Suhrkamp 2016 und Becker, Martin: Die Arbeiter. Roman, München: Luchterhand 2024.

(22) Noch in den ersten Arbeiten des Sinus-Instituts Ende der 70er bis Mitte der 90er Jahre maßen die Milieustudien zwei Arbeitermilieus: das traditionelle und das traditionslose (Entwurzelte) Arbeitermilieu. Doch da Sinus kein Schichtenmodell/keine Klassen abbildet, sondern Lebensstile mit Wertedimensionen, veränderten sich im Laufe von Zeit die soziokulturellen Gruppen. Im aktuellen Sinus-Milieumodell gibt es drei unterschichtige Milieus, denen in der einen oder anderen Form ein proletarischer Lebensstil zugeschrieben werden kann: das traditionelle Milieu, das prekäre Milieu und das Konsum-Hedonistische Milieu.

(23) Zit. nach Anne-Catherine Simon: „Der liberale Staat hat mich verraten“, in: Die Presse [Österreich], 6. September 2025, S. 25.

(24) Bei dem schwierigen Versuch, Faschismus zu definieren, erlaube ich mir hier den Hinweis darauf, dass Albert Einstein, Hannah Arendt und viele andere jüdische Intellektuelle nach dem Massaker an rd. 100 Palästinensern in dem Dorf Deir Yassin durch den israelischen Juden Menachem Begin und seine Anhänger am 9. April 1948 diesen einen Faschisten genannt hatten. Vgl. ihren Leserbrief in der „New York Times“ vom 4. Dezember 1948. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Deir_Yasin (Abruf am 20. September 2025).

(25) Diese (auch angezweifelte) Äußerung wird hier zitiert nach Buchwitz, Otto: 50 Jahre Funktionär der deutschen Arbeiterbewegung. 3. Aufl., Berlin: Dietz 1958, S. 167.

(26) Leuschner, Wilhelm: Vom deutschen Volksstaat. Die Bedeutung der Weimarer Verfassung, in: Reiber, Julius und Storck, Karl (Hrsg.): Zehn Jahre Deutsche Republik. Ein Gedenkbuch zum Verfassungstag 1929, Darmstadt: Verlagshaus-Darmstadt Wolfgang Schröter 1929, S. 25-31; hier: S. 30.

(27) Vgl. Arnold, Martin: Wehrhaft ohne Waffen – Regionalgruppe Essen. Von der Gründung bis zur Zusammenarbeit mit der Stadt Essen, in: Wissenschaft und Frieden, Dossier 101. Beilage der Zeitschrift Wissenschaft & Frieden, 3/2025, S. 20-22.

(28) Vgl. auch Arendt, Dieter: Der Schelm als Widerspruch und Selbstkritik des Bürgertums. Vorarbeiten zu einer literatur-soziologischen Analyse der Schelmenliteratur, Stuttgart: Klett 1974.