“Profiteure der Pandemie” überschreibt die SZ einen Artikel zum Markt für Viren-Schutzausrüstungen. Sie beklagt, dass “Betrüger” (wie sie schreibt) die Knappheit an solchen Ausrüstungen in “Wucherpreise” ummünzen und “Kasse machen wollen”. Im zusammengesparten Gesundheitswesen wütet wohl in der Tat ein Hauen und Stechen der Marktstarken gegen die Schwachen, also Wettbewerb in intensivierter Form.

Aber sollte ein marktwirtschaftsfrommes Blatt wie die SZ nicht viel eher begeistert sein über diese Situation? Freie Märkte sind doch die geniale Erfindung der Menschheit überhaupt, wenn man gleichzeitig das persönliche Nutzenmaximum und das gesellschaftliche Wohlfahrtsoptimum erreichen will. Das haben die SZ-Autoren doch wie wir alle in Schule oder Universität ausführlich eingetrichtert bekommen. Und in diesem Sinne schreiben sie ja auch tagtäglich auf den Wirtschaftsseiten. Wo doch die Alternative zum freien Markt Kommandowirtschaft, Staatsbürokratie und Mangel an Allem bedeutet.

Märkte sind doch ideal dafür geeignet, bei einer Störung – egal welcher Auslöser, egal woher sie kommt – hoch effizient und blitzschnell auf eine neue optimale Gleichgewichtslage umzuschalten. Wenn etwas knapp ist, dann gehen – glücklicherweise – die Preise hoch, notfalls sehr hoch, es werden neue Anbieter angelockt, und schwupp-di-wupp gibt’s ein neues Gleichgewicht mit voller Markträumung (also jeder Nachfrager kriegt so viel, wie er zu zahlen bereit ist), und das alles bei maximal möglichem Gesamtnutzen für die Gesamtgesellschaft. Exakt so soll der Preismechanismus wirken: immer das Angebot mit der Nachfrage ausgleichen, alle Zahlungsfähigen befriedigen. Das ist das gesellschaftliche Optimum in der Wirtschaft, marktwirtschaftliche Glückseligkeit.

Oder stimmt da irgendwo irgendetwas nicht so ganz?

Nun: Der Zusammenbruch des sehr unvollkommenen Sozialismus im Osten; die darauf folgende, mit allen propagandistischen Mitteln (z.B. INSM) und mit dem riesigen finanziellen Einsatz der Profiteure dieser Wirtschaftsordnung des Westens geführte Diskreditierung aller marktwirtschaftskritischen Gedanken, Analysen, Überlegungen; der totale Durchmarsch und die Realität-Werdung einer neoliberalen Pro-Großkonzern-, Pro-Großkapital-, Pro-Global-Player-Ideologie; die fortwährende Privatisierung elementarer Daseinsvorsorge, hier insbesondere des Gesundheitswesens, und ihre Unterwerfung unter das Diktat der Profitmaximierung; und schließlich das jahrzehntelange Runterfahren und “Einsparen” aller sozialen Infrastruktur, verbunden mit einem unmenschlichen Druck auf die ärmeren und schwächeren Länder im Süden, auf dass “die Wirtschaft” nicht in Gefahr gerät, womöglich mehr Steuern als nur minimalste Peanuts zahlen zu müssen: Dies alles bereitete die Grundlage dafür, dass wir heute in Form tausender vermeidbarer Corona-Toten für diese Malaise bezahlen, die uns ein auf maximale Kosteneinsparung und maximale Gewinnerzielung getrimmtes Gesundheitssystem beschert.

Marktwirtschaft tötet. Die Markt-Ideologie gibt dafür die Anleitung.