Aktueller IPCC-Report bestätigt und verschärft die bisherigen Bewertungen und die prognostizierten Bedrohungen. Sträfliche Reaktionen darauf.

Am 31.3. wurde Teil 2 des aktuellen Klima-Reports des so genannten „Weltklimarates“ (= Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) zu den Folgen, zu möglichen Anpassungen und zur Verletzlichkeit durch den menschengemachten Klimawandel auf der Erde veröffentlicht. Ein kurzes halbtägiges Nachrichtengewitter mit mehr oder weniger drastischen, apokalyptischen Zukunftsszenarien wurde verbreitet, z.B. in der ARD: „Erderwärmung verschärft Gefahr von Wirtschaftskrisen und Kriegen. Treibhausgasemissionen vergrößern in den nächsten Jahrzehnten das Risiko für Bürgerkriege, Hungersnöte und Überflutungen.“ Die Bundesregierung in Person der Umwelt- und Forschungsministerin versicherte, man sei auf dem richtigen Weg mit der Energiewende und weiteren Forschungsanstrengungen und überhaupt habe man ehrgeizige Ziele und Maßnahmen gegen den Klimawandel national und international eingeleitet. Einen Tag später ist die veröffentlichte Mainstream-Meinung wieder zur Tagesordnung übergegangen. In manchen Medien, in Privatmedien, insbesondere in US-nahen bzw. dominierten, war dies gar keine Meldung wert.

Nun ist es schon 24 Jahre her, dass die Einsicht über die Gefahr eines von Menschen verursachten globalen Klimawandels auf dieser Erde definitiv gewonnen und verbreitet wurde – 1990 mit dem 1. Sachstands- und Bewertungs-Report (Assessment Report: AR1) des IPCC. Das IPCC wurde 1988 im Auftrag der UN (WMO und UNEP) gegründet, um die damaligen mehr als zehnjährigen weltweiten Klima-Forschungen in den 1980er Jahren zusammenzufassen und zu bewerten. Damals stand die Frage im Raum, sind die menschengemachten (anthropogenen) Emissionen von Treibhausgasen tatsächlich so relevant, dass sie das gesamte, riesige, globale Klimasystem der Erde beeinflussen können und am Ende sogar stärkeren Einfluss auf das Klima der Erde haben als die diversen natürlichen Faktoren, die seit Jahrmillionen das Klima auf der Erde beeinflussen? Diese Frage wurde 1990 mit dem enormen wissenschaftlichen Aufwand dieses ersten IPCCReports (AR1) entschieden. Seit dieser Zeit kann niemand mehr auf der Erde sagen, man konnte von diesem wahrhaft globalen Menschheitsproblem „drohender Klimawandel“ durch menschliche, vor allem fossile Energien verbrauchende Aktivität nichts wissen. Deshalb ist die Jahreszahl 1990 auch sinnvoll als international akzeptiertes Bezugsjahr für Treibhausgas-Reduktionsmaßnahmen und – Ziele.

Nun sind also schon 24 Jahre vergangen, mit 4 weiteren, wissenschaftlich ähnlich sorgfältigen, derartigen Reports (AR2:1995; AR3: 2001; AR4: 2007; und nun AR5: 2013/14). Der Weltklimarat IPCC äußert sich also nur etwa alle 6 Jahre, jeweils nach einem außerordentlich umfangreichen, weitgehend transparenten und wissenschaftlich peniblen Verfahren von mehreren hundert fürs IPCC ehrenamtlich arbeitenden Klimawissenschaftlern aus der ganzen Welt, in dem tausende wissenschaftlich geprüfte Publikationen zur Klimaproblematik bewertet und zusammengefasst werden. Derzeit wird also der aktuelle Bewertungs-Report AR5 in 3 Teilberichten veröffentlicht [1]. Der erste Teilbericht [2] zu den physikalisch-chemischen, naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimasystems wurde am 26. September 2013 in Stockholm veröffentlicht. Der zweite Teilbericht [3] – zu den Folgen des Klimawandels, zu Anpassungsmöglichkeiten an den Klimawandel und zur Verwundbarkeit – wurde, wie schon oben erwähnt, jetzt am 31. März 2014 in Yokohama in Japan veröffentlicht. Der dritte Teilbericht – zu Möglichkeiten und Maßnahmen, um den anthropogenen Klimawandel zu bekämpfen bzw. zumindest zu bremsen -, wird am 12. April 2014 in Berlin und ein Synthesepapier wird am 31. Oktober 2014 in Kopenhagen veröffentlicht. Zusammenfassend lässt sich bisher sagen, dass der aktuelle Report die bisherigen Ergebnisse voll bestätigt und präzisiert. Die Wahrscheinlichkeit, mit der frühere Aussagen fortgeschrieben werden, hat sich in den allermeisten Fällen erhöht. D.h. ein Zweifel an den Aussagen, wie dies einige von entsprechenden Konzernen und politischen Interessengruppen gesponserte, sogenannte „Klima-skeptische“ Wissenschaftler tun, ist sträflich, angesichts der erdrückenden Fülle von Plausibilitäten und Hinweisen. Weniger als 5% der internationalen Klima-scientificcommunity dürfte zu dieser Gruppe gehören, wobei sich auch hier wieder US-amerikanische Stimmen auszeichnen.

Inzwischen erlauben gesicherte Messungen – nicht nur Extrapolationen über den bisher gemessenen Zeitraum hinaus – den Nachweis, dass der anthropogen verursachte Klimawandel stattfindet und immer mehr Fahrt aufnimmt. Katastrophale Zukunftsszenarien sind nicht aus der Luft gegriffen oder Hirngespinste einiger weniger „Alarmisten“, sondern von Bericht zu Bericht sich erhärtende ernsthafte Prognosen. Der Bericht beschreibt, dass die Erderwärmung bereits drastische Auswirkungen hat, so häufen sich Extremwetterereignisse bis hin zu Großkatastrophen mit Monsterstürmen (z.B. Hurrican „Kathrina“, und „Sandy“ in den USA, Taifun „Hayan“ auf den Philippinen), Jahrhundertdürren und – überschwemmungen werden weiter zunehmen. Die Folgen werden unterschiedlich auf der Erde verteilt sein, oft trifft es vor allem die Ärmsten der Armen, die Summe verschiedener Auswirkungen wirkt negativ verstärkend, ganze z.T. noch intakte und wertvolle Ökosysteme sind bedroht. Die Gefahr von Armut, Hunger und Bürgerkriegen durch den Klimawandel wächst.

Wie ist angesichts dieser Situation, die in der wahrhaft globalen und von Menschen selbst verursachten Dimension tatsächlich völlig neu für die Menschheit ist, die Reaktion der herrschenden politischen und ökonomischen Eliten? In Sonntagsreden und in allgemeinen Äußerungen werden Krokodilstränen vergossen und gut klingende Ziele und Beteuerungen abgegeben. Wenn es jedoch konkret wird, werden immer wieder völlig unzureichende oder sogar direkt konträr orientierte Entscheidungen im Sinne des kapitalistischen Systems getroffen.

Dies ist leider auf der internationalen Ebene z.B. bei den jährlich im Spätherbst stattfindenden Klimakonferenzen zu beobachten. Im Jargon der Klimapolitik heißen diese jährlichen Klimakonferenzen “Conference of the Parties (COP)”. Die erste derartige Weltklimakonferenz fand nach dem Beschluss auf dem sog. „Erdgipfel“ 1992 in Rio de Janeiro im Jahr 1995 in Berlin statt. Inzwischen sind wir mit diesen Weltklima-Konferenzen Ende 2013 in Warschau bei der Nr.19 – d.h. COP19 – angekommen. Vor allem nach dem desaströsen Verlauf von COP15 [4] in Kopenhagen4 wurde auf den Konferenzen seitdem kein substantieller Fortschritt in der internationalen Klimapolitik erreicht. Denn das dominante kapitalistische System mit USA an der Spitze will keine substantielle Klimapolitik, die Geschäfte der internationalen Energie-, d.h. Öl, Gas und Kohle (auch Atom-) Industrie sollen auf traditionell fossile Art so lange weitergehen, wie dies irgendwie möglich ist, ebenso gilt dies für Automobil-, Luftfahrt-, generell Transport-, aber auch für Chemiekonzerne. Auch ein Anerkennen der eigentlich angemessenen Klimaschuld [5] der kapitalistischen Industrieländer in Höhe von ca. 500 Mrd. $ pro Jahr im Verhältnis zu weniger entwickelten Ländern im globalen Süden kommt für die dominanten und pro Kopf weitaus über das zulässige Maß hinaus CO2-emittierenden Industrie-Länder (auch D) wider besseres Wissen nicht in Frage. Angesichts dieser Größenordnung eines internationalen Finanzausgleichs zur Bewältigung des Klimaproblems sind alle bisher ins Gespräch gebrachten „Hilfs“gelder als billige Almosen zu betrachten. Deshalb müssen derartige Klimaverhandlungen auch immer wieder scheitern. Die Drittwelt- und Schwellenländer lassen sich völlig zu Recht nicht durch unredliche Scheinverhandlungen auf Nebenschauplätze ein. Sie sollten allerdings auch wesentlich massiver und vor allem gemeinsam und koordiniert darauf bestehen, das Thema „globale Klimagerechtigkeit“ in der hier angedeuteten konsequenten Form zu einem Hauptpunkt der Klimaverhandlungen zu machen.

Auch auf nationaler Ebene klafft Anspruch bzw. Notwendigkeit und Wirklichkeit der Klimapolitik weit auseinander. Schon seit einigen Jahren und auch besonders in diesen Tagen ist ein Tauziehen zwischen Umweltbewegung und Konzerninteressen zu beobachten. Leider vertritt auch hier die Bundesregierung in keiner Weise konsequente Positionen zur schnellen und relevanten Vermeidung von Treibhausgasemissionen. Die 2011 groß eingeläutete Energiewende wird nicht vernünftig weiterentwickelt, sondern in vielen Details eher ausgebremst, verzögert oder sogar ganz verhindert. So wird ein weiterer ambitionierter Ausbau regenerativer, dezentraler Energieerzeugung gebremst. Auch im Bereich der Energieeinsparung, bei Gebäuden und im Verkehrssektor sind die Maßnahmen wenig konsequent und ambitioniert. Insgesamt lässt sich beobachten, dass auch auf diesem Feld die Interessen großer Konzerne am Erhalt ihrer bisherigen auf fossilen Rohstoffen gegründeten Profiterwartungen Vorrang vor einer konsequenten Klimapolitik haben.