Der 20. September 2019 war in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: an diesem Tag sind in vielen Städten der BRD 1,4 Millionen, vor allem junge Menschen, und Millionen weltweit auf die Straße gegangen, um gegen das Versagen der Politik angesichts der Klimakrise zu protestieren. Beinahe zeitgleich beschloss die Bundesregierung das sog. Klimapaket.

Die Botschaft des Klimapakets war ein ausgestreckter Mittelfinger gegen diese Bewegung, verbunden mit der Botschaft: Ihr könnt demonstrieren soviel ihr wollt, außer kosmetischen Korrekturen machen wir weiter wie bisher. Und dennoch hat die Bewegung Fridays for Future (FfF) etwas Wichtiges erreicht. Klima/Umwelt ist zum dominierenden politischen Thema geworden, FfF hat den Diskurs im Land in kürzester Zeit verändert und „die Politik“ gezwungen, verbal zu reagieren. Im Mai 2019 stellten Vertreter*innen der Schüler Fridays for Future ihre Forderungen in den Mittelpunkt einer Pressekonferenz. Ihr Kernsatz:

Die Klimakrise stellt für die Stabilität der Ökosysteme unseres Planeten und für Millionen von Menschen eine existenzielle Bedrohung dar. Eine ungebremste Erderwärmung ist eine enorme Gefahr für Frieden und Wohlstand weltweit.

Damit wird klar:

  • Die Klimakrise ist eng verbunden mit anderen Krisenerscheinungen, mit
  • Armut, Hunger und Flucht, Nationalismus und Rechtsentwicklung bis zu Gewaltkonflikten und neuer Aufrüstung und Ressourcenkriegen.

Wir haben es bei FfF und Extinction Rebellion mit einer neuen sozialen Bewegung zu tun, die global strukturiert ist und handelt. Es sind vor allem zwei Quellen, aus denen sich diese Bewegung speist: Einmal die unbestreitbaren Nachweise des Weltklimarates (IPCC) über die menschengemachte Klimakrise, und zum anderen die individuelle Erfahrung vieler Menschen mit Trockenheit, Starkregen und anderen Klimaphänomenen, von denen Menschen unmittelbar betroffen sind – siehe Kalifornien oder Australien. Jetzt sind viele Ortsgruppen von “Fridays for Future” unter dem Motto “Fridays for Peace” aktiv. Am 18. Oktober gingen bundesweit und international in mehreren Städten jeweils Hunderte Schülerinnen und Schüler gegen den türkischen Angriffskrieg auf die Demokratische Föderation Nordsyrien, Rojava, auf die Straße; In Deutschland unter anderem in Berlin, Göttingen, Frankfurt am Main, Stuttgart und Köln.

Mit einem Aufruf, den mehr als 100 in- und ausländische Ortsgruppen von “Fridays for Peace” unterschrieben hatten, forderten sie europäische Regierungen und Unternehmen auf, Waffenexporte, diplomatische Unterstützung und finanzielle Hilfe für die Türkei zu unterlassen. Ohne diese Politisierung von Teilen von FfF überzubewerten, zeigt sich doch, dass die Erkenntnis wächst, dass das Klimathema mit weiteren Konflikten verschränkt ist und die Warnungen der Wissenschaftler ernst zu nehmen sind. Gerade in der vergangenen Woche warnten 11.000 Wissenschaftler aus 153 Ländern in einem gemeinsamen Appell vor einer rapiden Zunahme der Erderwärmung und einem “Weiter so” im Kampf gegen den Klimawandel. “Noch nie dagewesenes Leid” stehe uns bevor, wenn nicht entschlossen und rasch gehandelt werde, heißt es in ihrem Appell. In dieser Bewegung wächst die Erkenntnis, dass die Ursachen der Klimakrise nicht in erster Linie in einem Politikversagen, sondern in einem Systemversagen liegen, dass es sich um einen unlösbaren systemischen Konflikt, um den folgenden Widerspruch handelt:

Was unser Klima braucht, um nicht zu kollabieren, ist eine drastische Reduzierung des Ressourcenverbrauchs (das weiß man seit Club of Rome, 1972). Was das kapitalistische Wirtschaftssystem braucht, um nicht zu kollabieren, ist schrankenloses Wachstum und Expansion der Produktion und damit des Ressourcenverbrauchs. Aber nur eines dieser Regelsysteme lässt sich verändern. Und das sind nicht die Naturgesetze[1]. Das versteht man unter einem antagonistischen, also ein in diesem System nicht auflösbaren Widerspruch. Es geht zum anderen um die Erkenntnis, dass Militär, Aufrüstung und Krieg zu den großen Klimakillern gehören. Der Widerstand gegen Rüstung und Krieg muss auch aus Gründen des Umweltschutzes eine zentrale Rolle spielen. Das wird in der Bewegung noch kaum thematisiert. Ich will daher vor allem auf diese beiden Bereiche eingehen:

  • der systemische Charakter und die Dimension der Klimakrise, und
  • welchen erheblichen Anteil Militär, Rüstung und Krieg an der Klimakrise haben.

1. These

Wenn wir von der sich anbahnenden Klimakatastrophe sprechen, sollten wir uns im Klaren darüber sein, dass damit nur ein Teilaspekt des eigentlichen Problems benannt wird.
Es geht um eine umfassende Bio-Krise. Dazu gehört neben dem Klimawandel das fortgesetzte Artensterben, die Vermüllung und Überfischung der Meere, die systematische Vergiftung der Nahrung, die Luftverschmutzung, das Abholzen tropischer Regenwälder und etwa auch die sich abzeichnende globale Trinkwasserknappheit.…Wir haben es mit einer Übernutzung der Natur, mit einer Krise der gesamten Biosphäre zu tun.

2. These

Die Zerstörung der Natur zerstört immer auch Menschen, denn wir Menschen sind Teil der Natur. Da wir Menschen Teil dieser Natur sind, sind auch die weltweit über 800 Millionen Hungernden ein Teil dieser Bio-Krise, weltweite Armut, Ausbeutung oder dass alle 5 Sekunden ein Kind an Hunger oder leicht heilbaren Krankheiten stirbt; Millionenfaches Flüchtlingselend, das alles ist Teil der Bio-Krise, in der

  • das Klima
  • die Lebensverhältnisse vieler Länder des globalen Südens
  • die Zukunft nachfolgender Generationen ruiniert werden.

3. These

Der Wachstumskapitalismus ignoriert, dass wir in einer Welt leben, deren Ressourcen endlich sind und unendliches Wachstum daher nicht möglich ist. Denn es gibt kein Wirtschaftswachstum ohne wachsenden Rohstoff- und Energieverbrauch. Aber, die Natur ist weder in der Lage, unendlich Rohstoffe zur Produktion und Konsumption zu liefern, noch die „Exkremente“ (Marx) dieser Produktions- und Konsumptionsweise aufzunehmen.

Zur Dimension der Bio-Krise: Am 25. September 2019 hat der Weltklimarat IPCC einen Bericht zur Situation der Ozeane und Eisschilden vorgelegt. Darin wird beispielhaft die Dimension der Umweltkrise verdeutlicht. Zentrale Feststellungen in dem Bericht sind: Die Erderwärmung lässt die Polarkappen und Gletscher schneller als bisher angenommen schmelzen. Denn der Klimawandel vollzieht sich in der Arktis doppelt so schnell wie in anderen Regionen der Erde. Im Bericht wird festgestellt, dass die tiefliegenden Küstenregionen, in denen rund 680 Mill. Menschen wohnen, vom Anstieg des Meeresspiegels elementar betroffen sein werden.

Zwei Drittel der großen küstennahen Städte würden überflutet, wenn diese Tendenz anhält. Fabian Scheidler schreibt: „Küstenstädte wie New York, Hamburg, Schanghai, Kalkutta sind – obwohl sie noch existieren- schon künftige Geschichte, wenn nicht umgesteuert wird.“[2] Forscher gehen davon aus, dass die Arktis in der Sommerzeit bald eisfrei sein könnte. Das Problem dabei ist, mit dem Eis würde eine wichtige Reflektionsfläche fürs Sonnenlicht verschwinden, was wiederum die Erderwärmung beschleunigen würde. Eine NASA-Studie aus dem Jahr 2014 stellt fest, dass der westarktische Eisschild unwiderruflich begonnen hat, auseinanderzubrechen. Der damit einhergehende Anstieg des Meeresspiegels um 1,2 Meter lässt sich nicht mehr aufhalten.
Adrian Kreye schreibt: „Das Abschmelzen der Gletscher des Himalajas bedroht die Lebensgrundlagen von 1,6 Milliarden Menschen in China, Pakistan und Indien.“ Alle drei Staaten haben Atomwaffen! Damit wird klar, dass Ökoimperiale Spannungen zunehmen werden.

Professor Jem Bendell, Nachhaltigkeitsforscher an der University of Cumbria in Großbritannien, geht sogar davon aus, “dass es zu spät ist, den unkontrollierten Klimawandel zu stoppen”, und dass “wir uns auf zerstörerische und unkontrollierbare Ausmaße des Klimawandels zubewegen, die Hunger, Zerstörung, Bevölkerungswanderungen, Krankheiten und Krieg mit sich bringen werden“. Klimaforscher gehen davon aus, dass mit dem Abschmelzen der Polkappen und großer Gletscher schon ein sog. Kipppunkt erreicht ist. Unter Kipppunkten versteht man in der Klimaforschung Entwicklungen und Prozesse, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, egal welche Maßnahmen getroffen werden.

Naomi Klein schreibt: „…Prognosen gehen davon aus, dass bei einer globalen Erwärmung von 4 Grad die Meeresspiegel um einen bis zwei Meter steigen werden. Etwa 30 der am wenigsten entwickelten Länder werden in diesen Jahren zerfallen.“ Sie schlussfolgert: „…Der Klimawandel ist ein Weckruf für die Zivilisation – eine machtvolle Botschaft – und diese Botschaft wird überbracht in der Sprache von Feuern, Überschwemmungen, Dürren und Artensterben…“[3]

Vor genau 40 Jahren trafen sich Wissenschaftler aus 50 Nationen zur Ersten Weltklimakonferenz (1979 in Genf) und waren sich einig, dass alarmierende Trends für den Klimawandel es dringend notwendig machen, zu handeln. 1992 stellte IPCC (Klimarat der UN) fest:

  1. die Klimakrise hat anthropogene, durch den Menschen entstandene Ursachen. Außer von Donald Trump und der AfD wird das von kaum jemanden bestritten.
  2. Hauptverantwortlich dafür sind die CO2- Emissionen. Seitdem wurden durch rund ein Dutzend internationale Klimakonferenzen, zuletzt in Katowice ähnliche Warnungen ausgesprochen. Dennoch steigen die Treibhausgasemissionen immer noch rapide an, mit immer schädlicheren Auswirkungen auf das Klima der Erde. In Katowice wurde festgestellt, dass in dieser Zeit, also seit 1992, die CO2 Emissionen um 50% angestiegen sind. Die Alarmglocken, die bei jedem Klimagipfel läuten, bleiben folgenlos. Es wird weiter gemacht wie bisher.

Im Oktober 2018 befasste sich der Weltklimarat (IPCC) mit einem Sonderbericht zum Stand der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und stellte fest, dass wir uns global auf dem Weg zu 4 Grad globaler Erwärmung befinden[4]. Die Folgen sind bekannt. Der Gründer des Potsdamer Instituts für Klimaforschung, Prof. Hans Joachim Schellngruber stellte fest: “Wir steuern in einem Irrsinnstempo auf eine unbeherrschbare Situation zu, auf eine Klimakatastrophe und nur eine Weltbürger-Bewegung könne die sich abzeichnende Katastrophe noch stoppen.

Dagegen wurde mit dem sog. Klimapaket der Bundesregierung klar: mit diesen Maßnahmen geht es weiter wie bisher und es gibt keine Möglichkeit die selbstgesteckten Klimaziele zu erreichen.
Fest steht: Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssten die klimaschädlichen Treibhausgase bis 2030 um 50% gesenkt werden. Und bis 2050 um 90%. Keine der großen Industrienationen erfüllt diese Klimaziele.

Es ist wohl so, wie Elmar Altvater schreibt, dass selbst unter der Drohung der Klimakatastrophe eher die Existenz des Planeten in Frage gestellt wird, als die des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Inzwischen sind die Folgen des Klimawandels auch hier zu spüren. Heute geht man davon aus, dass bei der Hitzewelle 2003 in Europa 70.000 Menschen an deren Folgen starben[5]. In Afrika und Asien drohen weit dramatischere Folgen der Klimaerwärmung als hierzulande. Studien besagen, dass im Laufe dieses Jahrhunderts große Teile des Nahen Ostens und Nordafrika in Folge des Klimawandels unbewohnbar werden. In diesen Regionen wird es zu Temperaturen kommen, in denen menschliches Leben nicht mehr möglich ist. Nach Schätzungen der Weltbank werden bis zum Jahr 2050 insgesamt 143 Millionen Menschen in Afrika, Südasien und Lateinamerika durch Klimafolgen innerhalb ihrer Länder vertrieben.

Es wird immer deutlicher: Das kapitalistische Produktions- und Konsumtionssystem ist eine Kriegserklärung an Mensch und Natur. Und wenn wir so weitermachen wird die Natur inclusive Menschheit diesen Krieg verlieren. Karl Marx schrieb vor 150 Jahren:

Die kapitalistische Produktion entwickelt nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen des Reichtums untergräbt – Die Erde und den Arbeiter.

Warum handelt „die Politik“ nicht?

Weil Politiker das Problem in ihrer Tragweite nicht erkennen oder verstehen? Oder weil mächtige Wirtschaftsinteressen dagegenstehen? Sicherlich Letzteres. Im globalen Kapitalismus dominieren die Unternehmen, für die Natur und Menschen in erster Linie rücksichtslos auszubeutende Faktoren sind. Unter den hundert größten Unternehmen weltweit, sind 21 Ölkonzerne, 10 Autofirmen, 4 Raumfahrt und Waffenunternehmen und 17 Banken. Sie bestimmen weitgehend die politische Agenda national wie international und haben direkten Zugriff auf die Staatsapparate. Daher muss sich der Kampf gegen die Klimakatastrophe auch und vor allem gegen diese Verursacher richten.

Rüstung und Krieg als Fluchtursache und Klimakiller

Ein wenig beachteter Zusammenhang in der aktuellen Debatte um Klimaschutz ist die Wirkung von Rüstung, Militär, und Krieg, für das Klima. Geschätzte 20 Millionen Klimaflüchtlinge sind die ersten Opfer der Klimakrise, aber nur die Vorboten künftiger Migrationsbewegungen. Darauf haben die reichen Länder des globalen Nordens nur gewaltförmige, militärische Antworten.
Der EU-Kommissar für Migration Dimitris Avramopoulos geht davon aus, dass seit dem Jahr 2000 etwa 35.000 Menschen auf der Flucht an den europäischen Außengrenzen ums Leben kamen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) schätzt, dass mehr afrikanische Migranten bereits auf den Routen zum Mittelmeer sterben als auf See.
Vincent Cochetel, der Sondergesandte des UNHCR für das Mittelmeer und Libyen, in der WELT: „Wir gehen davon aus, dass vermutlich mindestens doppelt so viele Menschen auf dem Weg zum Mittelmeer sterben wie im Mittelmeer selbst. Die Zahl könnte aber auch viel höher sein. Niemand kann es mit Sicherheit sagen, aber es ist eine Tragödie.

Ökoimperiale Spannungen nehmen zu. Kriege um Wasser, Rohstoffe, um strategische Positionen, oder um die Sicherung von Handelswegen werden wahrscheinlicher. Auch hochrangige Generalstäbe der USA und der NATO teilen diese Einschätzung. Der ehemalige NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer erklärte bereits 2009:

Der Klimawandel wird die Konkurrenz um Ressourcen verschärfen, insbesondere um Wasser. Er wird den Streit um Territorien und landwirtschaftlich nutzbare Regionen anheizen. Er wird Migration auslösen und fragile Staaten noch fragiler machen.

Diese Vorhersage ist schon heute Realität: Kriege verheeren fragile Ökosysteme, die von entscheidender Bedeutung für die Erhaltung der menschlichen Gesundheit und der Klimaresistenz sind. Jeder Krieg bedeutet grundsätzlich die Zerstörung der Umwelt durch Bombardierung und den Einsatz von Kampfmitteln, die das Land und die Infrastruktur zerstören. Hierzu drei Beispiele:

  1. Im Gaza-Streifen, einer Region, die zwischen 2008 und 2014 drei große Angriffe durch das israelische Militär erlitten hat, hat Israel Kläranlagen und Kraftwerke bombardiert. Die Folge war, dass 97 Prozent des Frischwassers von Gaza durch Salz- und Abwasser kontaminiert und so für den menschlichen Verzehr nicht geeignet sind.
  2. Im Jemen hat die von den Saudis angeführte Kriegskoalition durch die Bombardierung der Infrastruktur eine humanitäre und ökologische Katastrophe verursacht. Tag für Tag werden dort jetzt 2000 Cholerafälle gemeldet.
  3. Als sich irakische Streitkräfte aus Kuwait zurückzogen, setzten sie über 650 Ölquellen in Brand und beschädigten fast 75 weitere, die dann Rohöl durch die Wüste und in den Persischen Golf „ausspuckten“. Schätzungsweise wurden ein bis 1,5 Milliarden (!) Barrel Öl in die Umwelt abgegeben. Nachdem die meisten verbrannt waren, landeten 25 bis 40 Millionen Barrel in der Wüste und 11 Millionen Barrel im Persischen Golf.

Das Töten erfolgt nicht „nur“ durch den Einsatz von Waffen gegen Menschen, sondern auch durch die Zerstörung von Ökosystemen, ohne die Menschen zugrunde gehen. Es wird immer deutlicher: Jeder Krieg ist eine Kriegserklärung an Mensch und Natur. Und wenn so weitergemacht wird, werden Natur und Menschheit diesen Krieg verlieren. Das Thema „Krieg als Klimakiller“ behandelt auch eine IMI Studie von 2019/02. Darin heißt es, dass Krieg und Militär zu den größten Verbrauchern von Energie und anderen Ressourcen gehören und weltweit 1,8 Billionen Dollar an Rüstungsausgaben verschlingen. So ist der Treibstoff-Verbrauch beispielsweise von Kriegsflugzeugen und Kriegsschiffen enorm, entsprechend hoch sind auch die Emissionen.

Dazu vier Beispiele:

  1. Ein Eurofighter verbraucht ca. 70-100 Liter Kerosin pro Minute.
  2. Allein auf der Base Ramstein finden derzeit 30.000 Starts und Landungen jährlich statt. Dabei werden jährlich 1,35 Milliarden m³ klimaschädliche Abgase freigesetzt.
  3. Der Großtransporter Galaxy verbraucht allein beim Start 3.500 Liter Treibstoff. Damit könnte ein Diesel-PKW, der 10 Liter pro 100 km verbraucht, 35.000 km fahren.
  4. Amerikanische Kampfjets, Transporter und Kriegsschiffe brauchen Unmengen Treibstoff – und verursachen damit gleich viel CO2 wie die ganze Schweiz. Es gibt rund 800 US-Stützpunkte in 70 Ländern außerhalb der USA. Flottenverbände kreuzen im Mittelmeer, Atlantik, Pazifik, dem Persischen Golf, dem Roten Meer und dem Indischen Ozean: das US-Militär ist global präsent. Es gibt kaum einen wichtigen Konflikt, an dem es nicht in irgendeiner Weise beteiligt ist. Das kostet viel Geld und ist mit einem gewaltigen logistischen Aufwand und einem enormen CO² Ausstoß verbunden. Die USA haben mit 700 Milliarden Dollar das mit Abstand größte Militärbudget der Welt. Fast die Hälfte der Ausgaben verschlingt der Unterhalt der Infrastruktur. Die Air Force hat mit 4000 Kampf- und Transportflugzeugen mehr Flugzeuge als alle US-Fluggesellschaften zusammen. Auch die Seestreitmacht der USA ist ein gewaltiger Klimasünder, heißt es in der IMI-Studie. So belegte im Juni 2019 belegte eine Studie der Brown University, dass das US-amerikanische Militär, als weltweit größter Einzelverbraucher von aus Erdöl hergestellten Treibstoffen, auch einer der größten Erzeuger von Treibhausgasen ist. Ferner nutzt die US Navy mehr als 180 Kernreaktoren, um über 140 U-Boote und Überwasserschiffe anzutreiben, darunter alle 11 US-Flugzeugträger und 70 U-Boote. Obwohl Atomreaktoren keine direkten Kohlendioxidemissionen erzeugen, erfordern die Prozesse zum Abbau und zur Raffinerie von Uranerz und zur Herstellung von Reaktorbrennstoff massive Energiemengen. Nukleare U-Boote und Schiffe haben einen gewaltigen CO2-Fußabdruck und sind im Kriegsfall schwimmende Atombomben.

Das US-Militär benötigte im Jahr 2017 jeden Tag (!) etwa 42,9 Millionen Liter-Öl, dabei wurden mehr als 25 Millionen Tonnen Kohlendioxid emittiert. Es überrascht kaum, dass die US-Regierung darauf drängte, die militärbedingten Emissionen aus dem im Jahr 1997 unterzeichneten Kyoto-Protokoll auszuklammern. Unter dem Druck des US-Militärs gelang es dem US-Verhandlungsteam, Ausnahmen für das Militär von allen erforderlichen Reduzierungen der Treibhausgasemissionen zu erreichen.

Bis heute schließt die Berichterstattung jedes Landes an die UNO über seine Emissionen mindestens alle Kraftstoffe aus, die vom Militär bei UNO-Einsätzen außerhalb ihrer eigenen Landesgrenzen beschafft und verbraucht werden. Obwohl die USA dann das Kyoto-Protokoll nicht ratifizierten, blieben diese Ausnahmen auch für alle anderen Unterzeichnerstaaten bestehen.
Da die USA in der Zwischenzeit schriftlich ihren angestrebten Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen bestätigt haben, entfällt für das US-Militär jegliche Dokumentationspflicht bezüglich ihrer THG-Emissionen.

Auch der Einsatz chemischer Kampfstoffe schädigt Menschen und Umwelt gleichermaßen. Besonders folgenreich war der großflächige Einsatz von nahezu 100.000 Tonnen Herbiziden wie Agent Orange im Vietnamkrieg, um Wälder zu entlauben und gegnerische Aktivitäten einzuschränken. Dies traf 4,8 Millionen VietnamesInnen, führte zu 400.000 Toten sowie zu Behinderungen und Gendefekten bei 500.000 Kindern. Die Pflanzenwelt konnte sich über Jahrzehnte nicht regenerieren, die Zahl der Tierarten ging deutlich zurück. Der Einsatz von Napalm ist zwar von der UNO geächtet, die USA haben diese Konvention nie unterzeichnet.

Stattdessen setzten sie in der irakischen Stadt Falludscha statt Napalm weißen Phosphor gegen die Zivilbevölkerung ein, ein Luftschadstoff, der ganze Regionen auf Jahrzehnte unbewohnbar machtWeißen Phosphor setzt auch die türkische Armee zusammen mit islamistischen Milizen bei ihnen Angriffen auf Nordsyrien ein. Es geht aber auch z.B. um die Folgen des Einsatzes von Uranmunition, wie z.B. im Irak oder im Krieg gegen Jugoslawien. Da das in dieser Munition enthaltene abgereicherte Uran eine Halbwertzeit von 4,7 Milliarden Jahren hat, werden irreparable Umweltlasten für die Ewigkeit verursacht. Mehr als 1000 Tonnen dieser Munition wurden von den USA im Irakkrieg eingesetzt.

Atomwaffen als tickende Zeitbomben

ICAN (Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen – (erhielt den Friedensnobelpreis) schätzt, dass seit Beginn des atomaren Zeitalters im Juli 1945 über 2000 Atomwaffentests durchgeführt wurden; oberirdisch, unterirdisch und unter Wasser. Diese Tests haben inzwischen die gesamte Weltbevölkerung verstrahlt. Allein die oberirdischen Atomwaffentests seit 1945 hatten eine Sprengkraft von 29.000 Hiroshimabomben. IPPNW (Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs ) schätzt, dass an den Folgen oberirdischer Atomwaffentests 2,4 Millionen Menschen gestorben sind.

Ein weiteres Problem kommt hinzu: Noch immer stellen Munition, Bomben, Granaten, Minen, Torpedos und chemische Kampfstoffe aus dem zweiten Weltkrieg eine tödliche Gefahr dar. Man schätzt, dass noch immer 1,6 Millionen Tonnen davon auf dem Grund von Nord- und Ostsee liegen. Die metallischen Hüllen dieser Kampfstoffe sind heute teilweise durchgerostet. Geraten diese Substanzen ins Meereswasser, ist es kaum möglich, sie unschädlich zu machen.

Fazit der Studie: „Aus den bisherigen Studien und Untersuchungen kann man schlussfolgern, dass das Militär – neben der industriellen Landwirtschaft und den fossilen Konzernen– weltweit der wahrscheinlich bedeutendste institutionelle Umweltverschmutzer ist. Es ist nur logisch anzunehmen, dass die desaströse Umweltbilanz des US-Militärs auch auf alle anderen Militärmaschinerien dieses Planeten überschrieben werden kann, nur eben nicht in diesem gigantischen Ausmaß, wegen deren weitaus geringeren Rüstungshaushalte. Im Ganzen gesehen repräsentieren die THG-Emissionen, die Ressourcenplünderung imperialer Kriege und die damit einhergehende Umweltvernichtung durch die militärischen Zerstörungsmaschinerien solch ein katastrophales Bild, dass eine Lösung der kommenden apokalyptischen Klimakatastrophe ohne Abrüstung und eine Politik des Friedens schlicht nicht vorstellbar ist. Den Profiteuren der globalen Militärgewalt muss ebenfalls das Handwerk gelegt werden, ansonsten wird sich die gesamte Menschheit in einem Alptraum ohne Erwachen wiederfinden, bis zu ihrem bitteren Ende.“

Fazit & die Alternativen: Klimaschutz braucht Abrüstung!

Mit Abrüstung würden die materiellen und finanziellen Mittel frei für eine sozialverträgliche Rüstungskonversion, und damit verbunden ergäbe sich eine Reduktion des CO² Ausstoßes. Mit einem Bruchteil der 1,8 Billionen Dollar weltweiter Rüstungsausgaben könnte Hunger und Unterentwicklung weltweit beseitigt und ein sozial-ökologischer Umbau finanziert werden.

Statt einer imperialen Produktions- und Lebensweise braucht es globale Klimagerechtigkeit. Da 20% der Menschheit im globalen Norden 80% der natürlichen Ressourcen verbrauchen und 80% der Abfälle verursachen, hat der globale Norden eine Klimaschuld gegenüber dem globalen Süden zu begleichen, da dort die Folgen des Klimawandels am meisten zu spüren sind. Mit dem Aufbau regenerativer Energiesysteme in Entwicklungsländern könnte ein Teil der Klimaschulden der kapitalistischen Metropolen gegenüber diesen Ländern beglichen werden.
Das bedeutet auch eine globale Umverteilung des Reichtums zugunsten der Regionen, die zuvorderst Opfer eines Klimawandels werden, der wesentlich durch die imperiale Lebensweise im globalen Norden verursacht wird.

Rüstung und Krieg ruinieren aber nicht nur das meteorologische, sondern auch das politische Klima. Denn Kriege werden immer legitimiert durch Nationalismus, Rassismus und Neofaschismus. Konversion, also die Umwandlung militärischer in zivile Produktion und Nutzung ist sowohl ein wichtiger Ansatz für eine sozial-ökologische Transformation, als auch ein Beitrag gegen Nationalismus und Rassismus.

Mit Abrüstung würden Mittel frei für die Erforschung und Entwicklung von Umwelttechnologien, klimafreundliche Massenverkehrssysteme für eine sozialökologische Transformation, durch die die Bedürfnisse der Menschen und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen an die Stelle einer kannibalischen, auf Profit ausgerichteten und klimaruinierenden Produktionsweise treten.

Wir müssen unsere Produktions- und Konsumtionsweise, unsere ganze Lebensweise ändern, wenn wir als Menschen überleben wollen. Wir brauchen andere Formen der Mobilität, der Ernährung, der Energieversorgung, unseres Konsums. Und es braucht sozialverträgliche Vorschläge dafür, wie das Projekt einer sozialökologischen Transformation finanziert werden kann.
Wenn die Kosten eines sozial-ökologischen Umbaus von den Lohnabhängigen und den sozial Benachteiligten getragen werden müssen, gibt es für diesen Umbau keine Chancen, weil derzeit keine Mehrheiten.

Dazu ein Vorschlag: Nach Berechnungen von „Bilanz“ (Verlag DIE WELT), verfügen die 1000 reichsten Deutschen samt Milliardärs-Familien über ein Gesamtvermögen von 1,2 Billionen (1.200 Milliarden) Euro, was mehr als einem Drittel des deutschen BIPs entspricht.

Bei einem Reichensteuersatz von nur drei Prozent ließen sich allein bei diesen Megareichen 36 Milliarden Euro generieren. Und der Steuersatz würde mitnichten an der Substanz der Vermögen kratzen, hätte noch keinerlei Umverteilungswirkung, denn der jährliche Vermögenszuwachs bei Superreichen beträgt etwa vier bis sechs Prozent im Durchschnitt. Ohne eine Steuerreform, die Reichtum stärker besteuert werden die Kosten einer Energiewende bei den Lohnabhängigen und sozial Benachteiligten abgeladen.

Es braucht eine aktionsorientierte Zusammenarbeit von Friedens- und Umweltbewegung, von Gewerkschaften, Kirchen und unterschiedlichen sozialen Bewegungen.
Bei dieser Zusammenarbeit muss es auch um die Vermittlung von Einsichten gehen, dass die Biokatastrophe nicht der Unvernunft und Gier „der Menschen“ entspringt, sondern der kapitalistischen Produktionsweise. Die kapitalistische Wirtschaft basiert auf dem Konkurrenzprinzip und jeder Akteur, der an dieser Wirtschaft teilnimmt ist gezwungen, seinen Mehrwert dafür aufzuwenden, seinen Marktanteil auszuweiten, also zu wachsen.

Wachstum ist die Grundvoraussetzung für die Aufrechterhaltung des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Daher schreibt der evangelische Theologe Helmut Gollwitzer:[6]

Wird heute, angesichts sichtbar werdender „Grenzen des Wachstums“ eine wirtschaftliche Wachstumsbegrenzung gefordert, dann muss gesehen werden, dass dies eine, das kapitalistische System aufhebende Forderung ist.

Mit anderen Worten: Die Lösung der ökologischen Probleme ist nicht möglich ohne die Befreiung der Menschen vom Kapitalismus – und umgekehrt, die Befreiung der Menschen, die Lösung der sozialen Fragen, ist nicht möglich ohne den Kampf für eine ökologische Zukunft. Diese ökologische Zukunft reklamiert Karl Marx, wenn er schreibt:

… eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja selbst alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur Besitzer, ihre Nutznießer und haben sie als Boni Patres Familias (Gute Familienväter) den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen…

Daran müssen wir arbeiten!


[1] Naomi Klein (2014): Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima
[2] Fabian Scheidler (2017): Chaos: Das neue Zeitalter der Revolutionen, S. 10
[3] Naomi Klein (2014): Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima
[4] Wolfgang Reinicke-Abel (2019): XXX. in: Marxistische Blätter XX/2019, S. XX-XX
[5] Anette Schlemm (2019): Klima-Umbruch: Das ändert alles. in: Marxistische Blätter 02/2019, S. 56-65
[6] Hellmut Gollwitzer (1974): Die kapitalistische Revolution, S. 40