Der Wirtschaftsminister aus der „Ökopartei“ wartete mit sensationellen Vorschlägen zum Energiesparen auf: Zwei Minuten weniger duschen und auf einen „milden Winter“ hoffen. Es bräuchte ungefähr 15.000 Spar-Duscher, um den Wasserbedarf eines beheizten Swimming-Pools eines einzigen Reichen auszugleichen. Doch an die Energieverschwendung der Reichen will der seinerseits gut betuchte Minister nicht ran. Auch die Vorschläge der Bundesregierung für einen „Gasdeckel“ bringen eher eine Entlastung für Reiche mit großen Villen denn für Mieter. Dabei läge bei den Reichen das größte Einsparpotenzial, das es auszuschöpfen gälte. „Die oberen Einkommensgruppen könnten leicht eine große Menge Energie einsparen“, sagt Felix Creutzig, Gruppenleiter am Berliner Mercator-Institut für Klimaschutz. „Das würde die Preise sofort runterbringen und nebenbei die Sicherheit der Netze erhöhen“. Der deutsche Ökonom Yannick Oswald, der zu Verteilungsgerechtigkeit in Energiefragen an der Uni Leeds forscht, kommt zu dem Ergebnis, dass ein Durchschnittsbürger im Jahr 87 Gigajoule beansprucht, beim obersten Prozent sind es 400 Gigajoule und bei den obersten Zehntelprozenten sind es mehr als Tausend Gigajoule. Die ultra-imperiale Lebensweise dieser Jetset-Klasse ist gekennzeichnet durch luxuriöse Villen und meist weiteren Immobilien, Pools, Motoryachten, Privatjets und häufigen Flugreisen, teure SUVs, Sport-, Zweit- und Drittwagen, usw. Oswalds Berechnungen zufolge könnten auf einen Schlag etwa 26 Prozent des Energiebedarfs der deutschen Haushalte eingespart werden, würde sich das reichste Zehntel der Bevölkerung so verhalten wie durchschnittlich wohlhabende Bürger. Der Haushaltskonsum – inklusive der Herstellung der konsumierten Produkte und Reisen – macht nach seinen Berechnungen 75 Prozent des gesamten deutschen Energiebedarfs aus. Mit der rasanten Zunahme der Reichen und Superreichen seit der Finanzkrise nimmt die Konzentration des Energieverbrauchs in den Top-Haushalten exponentiell zu.

Reichste 10 Prozent stoßen die Hälfte der Klimagase aus

Vor wenigen Wochen legte auch Lucas Chancel, Ko-Direktor des renommierten Pariser World Inequality Lab (Institut an dem auch Thomas Piketty forscht), eine Studie zu Energieverbrauch und Verteilung des CO2-Ausstoßes auf verschiedene Einkommens- und Vermögensgruppen vor: „Global Carbon Inequality over 1990 – 2019“. Sie wurde im renommierten Fachjournal „Nature Sustainability“ veröffentlicht, die FAZ brachte Auszüge davon. Wie Oswald im Hinblick auf den Energieverbrauch kommt Chancel zu dem Ergebnis, dass auch der CO2-Ausstoß extrem ungleich verteilt ist. „Seit 1990 habe die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung nur 16 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verursacht, während allein das obere ein Prozent knapp ein Viertel ausstieß“. Diese Top-Emittenten befänden sich inzwischen in allen Ländern, allerdings in unterschiedlicher Dichte. Die Emissionen der ärmeren Bevölkerungshälfte sind in Europa und den USA seit 1990 um gut ein Viertel zurückgegangen, in den Entwicklungs- und Schwellenländern haben sie dagegen um dieselbe Höhe zugenommen. Deutlich gewachsen sind dagegen die Emissionen der großen Einkommen und Vermögen weltweit. Aktuell verursachen die reichsten 10 Prozent fast die Hälfte (48%) aller Treibhausgase, während die ärmere Hälfte nur 11,5 Prozent verantwortet. Im weltweiten Durchschnitt stößt jeder Mensch etwa sechs Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr aus. In Nordamerika pustet jeder Angehöriger der Top 10% im Jahres-Durchschnitt 69 Tonnen CO2-Gas in die Atmosphäre; auch in Europa ist der Klima-Fußabdruck eines Reichen gewaltig: fünfmal größer als der eines Angehörigen der unteren Hälfte (jeweils im Durchschnitt). Das reichste 1 Prozent der Welt emittierte 26 Prozent mehr Treibhausgase als vor 30 Jahren, das reichste 0,01 Prozent sogar 80 Prozent mehr. Chancel rechnet beim Verbrauch der Top 10% auch den Ausstoß der Firmen ein, die sie besitzen, insbesondere auch die Investitionen.

Ampel macht den Reichen Energiegeschenke

Die Ampel-Koalition hätte es in der Hand, Energie radikal einzusparen, ohne dem Bürger frostige Stuben zuzumuten und könnte zugleich die Pariser Klimaziele konsequent verfolgen. Wie erwähnt: Über ein Viertel des Energiebedarfs deutscher Haushalte könnte eingespart werden, wenn der Energiebedarf der Reichen und Superreichen auf das Niveau durchschnittlich wohlhabender Bürger heruntergeschraubt würde. Dazu wäre nach Felix Creutzig eine mit dem Verbrauch exponentiell steigende Steuer auf Energie nötig, die manches Verhalten auch für Superreiche unbezahlbar machen würde; oder gleich eine Obergrenze festlegen für den Energieverbrauch jedes Bürgers. Das aber will die Ampel-Koalition nicht. Sie geht in die entgegengesetzte Richtung. Sie legt ein Modell für eine „Gaspreisbremse“ vor, welches von einer „Expertenkommission“ erarbeitet wurde und „Wohlhabende mit großen Wohnungen und Reiche mit florierenden Unternehmen begünstigt“, so der Armutsforscher Butterwegge. Z.B. ist eine Einmalzahlung im Dezember an alle Haushalte – auf der Basis der Heizkosten-Abschlagszahlung vorgesehen und an keinerlei Einkommensgrenze gekoppelt, sondern nur an den vergangenen Verbrauch. Da Reiche, wie dargelegt, besonders viel verbrauchen, bekommen sie auch besonders viel. Der Staat subventioniert also noch ihre Energievergeudung, ihren perversen Luxuskonsum.