Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihre französische Amtskollegin Florence Parly dürften bei der diesjährigen Tagung des globalen Militär-Industrie-Komplexes im Bayerischen Hof, auch Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) genannt, groß rauskommen.

Die Ministerinnen hatten eine Woche vor dem Treffen von Kalten Kriegern, Militärschädeln, Fabrikanten des Todes und Waffenlobbyisten das „Kampfflugzeugsystem der Zukunft“ (Future Combat Air System – FCAS) auf den Weg gebracht. Das wird ihre militärpolitische Position im Kreis der Aufrüster stärken. Mit einem ersten Scheck von 65 Millionen Euro an die federführenden Flugzeugkonzerne Airbus Defence und Dassault Aviation finanzieren sie eine Konzeptstudie und die ersten Entwicklungsarbeiten an dem Luftkriegssystem. So billig wird es bei den nächsten Schritten nicht mehr. Das Future Combat-System wird unseren Kindern schon im Frieden die Zukunft verhageln, denn es wird sauteuer. „Es geht um sehr viel Geld“, schreibt das Handelsblatt. „Ein dreistelliger (!) Milliardenbetrag steht in Aussicht“. Dreistellig, das sind hundert Milliarden und mehr. Der Spiegel: „Bis zum Bau des ersten Modells rechnen Insider allerdings mit Kosten bis zu 80 Milliarden Euro. Damit wird es das größte gemeinsame Rüstungsprojekt überhaupt“. Damit zerstört der Kriegsjet schon im Frieden ein ganzes Wohnungsbauprogramm.

Nach einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung fehlen in den 77 deutschen Großstädten 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen, darunter etwa 1,4 Millionen günstige Apartments unter 45 Quadratmetern. Ein Sozialbauprogramm für die fehlenden Wohnungen wäre etwa 200 Milliarden Euro teuer und würde die Wohnungsnot in etwa zwei Dekaden weitgehend beseitigen. Kommt hinzu, dass zur Überbrückung weiterhin der Eurofighter eingesetzt wird – etwa bis 2060 – und dadurch zusätzliche Milliarden Euro für neue Bestellschübe und Reparaturen fällig werden.

Weshalb ist das angestrebte Waffensystem so teuer? „Entwickelt werden soll bis 2040 sehr viel mehr als ein Flugzeug, nämlich ein „System der Systeme“, das Satelliten, Drohnenschwärme, gelenkte Raketen, Überwachungs- und Tankflugzeuge sowie Schiffe integriert“. Und im Zentrum steht natürlich das Kampfflugzeug. Geplant ist, dass Schwärme kleiner Drohnen den Kampfjet unterstützen, sie können bewaffnet (Killerdrohnen) sein, sind mit Kameras und Radargeräten ausgestattet und sollen teilweise von künstlicher Intelligenz gesteuert werden. Die Drohnenschwärme sollen bereits früher – etwa Mitte des nächsten Jahrzehnts – einsatzbereit sein.

An dem Kampfflugsystem will sich in Kürze auch Spanien beteiligen. Für den bemannten Kampfjet in dem System zeichnet der Rafale-Hersteller Dassault verantwortlich. Für das Gesamtsystem einschließlich geplanter Drohnenschwärme, Satelliten und Bodeneinrichtungen ist Airbus zuständig. Dirk Hoke, CEO von Airbus Defence and Space: „FCAS ist eines der ambitioniertesten europäischen Verteidigungsprogramme dieses Jahrhunderts“ (Europäische Sicherheit & Technik). Als Triebwerkshersteller wurden der französische Anbieter Safran sowie das deutsche Unternehmen MTU Aero Engines ausgewählt. Im Verlauf von Entwicklung und Bau des Kampffliegers und System werden die beiden Hauptpartner Airbus und Dassault noch enger zusammenrücken und womöglich fusionieren. Airbus ist ohnehin schon mit knapp 10 Prozent bei Dassault beteiligt. In Europa wird dann gegen den Kampfflugzeug-Giganten nichts mehr gehen. Der rüstungsindustrielle Druck auf die Regierungen wird zunehmen. Bereits jetzt drängen die Franzosen auf gemeinsame Exportvorschriften und Lockerung der deutschen Bestimmungen, damit etwaige spätere Ausfuhren des Luftkampfsystems nicht einseitig von Deutschland blockiert werden können.