Das EU-Klimapaket „Fit for 55“ soll den Klimaschutz voranbringen:

  • Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen von Neuwagen um 55 Prozent im Vergleich zu 2021 zu sinken,
  • Ab 2035 sollen in der EU nur noch emissionsfreie Neuwagen verkauft werden,
  • In 2035 ist ein CO2 Rückgang im Vergleich zu 2021 von 100 Prozent die Zielmarke.

„Null-Emissionen“ für alle neu zugelassenen Wagen ist das Ziel im Jahr 2035.

Das Vorhaben ist Teil der Kommissionspläne zur Umsetzung der verschärften Klimaziele in Europa. Die EU will, dass bis 2030 mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgase im Vergleich zu 1990 ausgestoßen werden. Bis 2050 sollen in der Union dann netto keine klimaschädlichen Treibhausgase mehr anfallen. Wenn sich Hersteller nicht an die Vorgaben halten, sollen die heute schon geltenden Strafzahlungen für das Überschreiten der Flottenverbräuche, die den CO2-Ausstoß als zugelassenen Grenzwert regeln, verschärft werden. Das bedeutet, es würde eine Situation geschaffen, in der jedes neu zugelassene KFZ einen Nachweis für „Null-Emissionen“ zu erbringen hätte (1, 2, 3). Bei Überschreiten der Grenzwerte wären Strafzahlungen formal unabdingbar. Eine bemerkenswerte Aussage traf die konservative EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Tag vor der offiziellen Verkündung der EU-Pläne am 14.7. d.J. „Die Wirtschaft der fossilen Brennstoffe stößt an ihre Grenzen“. Es gehe nun darum, die Reduzierung von Emissionen mit Maßnahmen zum Naturschutz zu verbinden und Beschäftigung sowie ein soziales Gleichgewicht in den Mittelpunkt der Transformation zu stellen. Offensichtlich war es der EU-Kommission und ihren Kommissaren gelungen, einen mehrheitlich zugestimmten Beschluß als Grundlage für den öffentlich verkündeten EU-Plan herzustellen. Die EU-Pläne liefern allerdings keine Vorlage für ein unvermeidbares nationales Verbot, ab einem bestimmten Zeitpunkt weitere Fahrzeuge mit Verbrenner-Motor überhaupt noch für den Straßenverkehr zuzulassen. Das verhindert das auf die Profitinteressen der allmächtigen marktbeherrschenden Konzerne, hier der Automobilkonzerne, ausgerichtete marktwirtschaftliche Wirtschaftssystem. Die EU-Kommission sieht sich aber im Zugzwang, zumal einige Mitgliedstaaten wie etwa Schweden, Dänemark, die Niederlande und Belgien ab 2030 oder Frankreich ab 2040 den Verkauf von PKW mit fossilen Verbrennungsmotoren machtpolitisch verbieten wollen. Die EU-Kommissarin von der Leyen erklärt, ein Zeitrahmen sei wichtig, um Planungs-sicherheit für die Hersteller zu gewährleisten: „Wie sie ihre Produktion verändern, bleibt den Herstellern aber selbst überlassen.“ Für den Zeitraum von 2030 bis 2035 werden die Regeln noch einmal beträchtlich verschärft: 2035 soll der CO2-Rückgang im Vergleich zu 2021 100 Prozent erreichen; mit anderen Worten, erhöhte Strafzahlungen wären dann formal unabdingbar. Ob die Verbraucher allerdings in 15 Jahren eine Weitergabe der gestiegenen Herstellungskosten auf den zu entrichtenden Anschaffungspreis hinnehmen würden, ist aus heutiger Sicht eher mit Nein zu beantworten. Ein Beleg dafür ist fairerweise einer aufmerksamen weiteren Betrachtung der Management-Entscheidungen der Automobil-Konzerne im Hinblick auf ihre Produkt-und Preispolitik vorbehalten. Motorisierte Individual-Mobilität, die Anschaffung eines PKW, würde auf alle Fälle zu einem absoluten Luxus-Gegenstand degeneriert. Die Anbringung einer treffenden Kfz-Aufklebers könnte dann folgende Worte enthalten: „Ich trage bei vollem Bewußtsein dazu bei, den Klimaschutz zu ignorieren. Auch ich bin ein Planeten-Zerstörer.“ Die EU-Kommission bietet im Rahmen ihres geplanten neuen Regelwerkes der Automobilindustrie einen Handlungsspielraum, der die Vorgaben bis zu ihrer Umsetzung zumindest zeitlich in noch weitere Ferne rücken könnte. Es bleibt abzuwarten, welchen wirtschaftspolitischen Einflußgrößen es vor Verabschiedung der verschärften Grenzwerte für den CO2 – Ausstoß gelingt, das Verbrenner-Automobil ohne sofortige Bestimmung von belegbaren Zwischenzielen und Umweltauflagen bis 2035 am Leben zu erhalten.   Die neuen EU-Bestimmungen werden Elektroautos demokratisieren und weiter vorantreiben, betont der europäische Dachverband Transport & Environment (T&E) Er gibt aber zu bedenken, dass es ein Problem sei, wenn die Autohersteller erst 2030 anfangen müssten, saubere Autos zu verkaufen.

Unser Planet kann es sich nicht leisten, dass die Autoindustrie weitere neun Jahre lang viel redet, aber wenig tut“, sagte Cornelis. Es brauche ein Zwischenziel für 2025, damit die Hersteller die Produktion von emissionsfreien Fahrzeugen früher hochfahren.

Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie Greenpeace und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bezeichnen die Klimaschutz-Intentionen der EU-Kommission als ein zu dünnes Regelwerk für einen erforderlichen Klimaschutz: „Um die Klimaerhitzung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen, muss die EU ihre Emissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent reduzieren.

Forderung nach Ausbau der Ladeinfrastruktur

Um den nach wie vor unzureichenden Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge voranzutreiben, sollen die Mitgliedsstaaten auch dazu verpflichtet werden, alle 60 km entlang der Fernstraßen Lademöglichkeiten zu installieren. Für Brennstoffzellen-Fahrzeuge sind alle 150 Kilometer entsprechende Tankstellen einzurichten. Dabei formuliert die Kommission eine Bedingung: Der Ausbau solle „nach Maßgabe der Absatzmengen emissionsfreier Fahrzeuge“ ausgebaut werden. Je mehr E-Autos verkauft werden, umso schneller muss also die Lade-Infrastruktur folgen. Die in den Ländern angewandten Energiesteuern auf Sprit, auf Fahrzeug-Anschaffung oder etwa die seit den 1950er Jahren bestehende Diesel-Subvention sollen vereinheitlicht, respektive gemindert werden. In Steuerfragen bedarf es einer einstimmigen Zustimmung der 27 beteiligten Länder. Die EU-Pläne liefern keine Vorlage für ein explizites nationales Verbot für herkömmliche Diesel- und Benzinerfahrzeuge Demgegenüber haben sich beispielsweise Schweden, Dänemark, die Niederlande und Belgien darauf festgelegt, ab 2030 den Verkauf von Verbrennern zu verbieten. Frankreich sieht einen solchen Schritt für 2040 vor, also nach der Vorgabe der EU-Kommission. Die Treibhausgasemissionen des Verkehrs sind bisher nicht zurückgegangen. Nach Berechnungen des Umweltbundesamts (UBA) lagen sie 2017 bei 170 Millionen Tonnen und damit über dem Basisjahr 1990. Neuere Berechnungen liegen derzeit in dieser umfänglichen Form noch nicht vor. Die Verkehrsemissionen sollten auf der Berechnungsgrundlage von 2017 um rund 70 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente bis im Jahr 2030 sinken. Das ergab in 2017 für die zu beobachtende Weiterentwicklung der Treibhausgasemissionen eine Lücke von mindestens 50 Mio. Tonnen. Die zum damaligen Zeitpunkt beschlossenen Maßnahmen im Verkehr, beispielsweise die Ausweitung der Lkw-Maut, die Förderung der Elektromobilität oder die Erhöhung der Mittel für den Öffentlichen Verkehr reichten nicht aus. Weitergehende Maßnahme sind jetzt dringend erforderlich und angesichts der Klimaschutzpläne der EU wahrscheinlicher.

Sozialer Ausgleich für nachhaltiges Handeln

Die EU-Kommission plant ein, eine kostenmäßige Bezuschussung für jene bereitzustellen, für die eine Anschaffung von klimaneutralen Heiz- und Kühlsystemen sowie für den Kauf von E-Autos eine soziale Härte darstellt. Die Kommission schlägt einen Klima-Sozialfonds vor, in den 25 Prozent der Einnahmen aus dem Emissionshandel. Für den Zeitraum zwischen 2025 und 2032 wäre das ein Betrag von 72 Milliarden Euro. Die E-Kommission erwartet von den Mitgliedsländern nochmals die gleiche Summe. Somit stünden für den Klima-Sozialfonds 144,4 Milliarden Euro zur Verfügung (1, 2).

Die Automobil-Branche gibt sich irritiert

Ein ernsthaftes Ächzen der Automobil-Branche ist zu hören, eine Aufforderung an ihre Lobbyvertreter und Parteifreunde, alle Register zu ziehen, um die Profitausrichtung ihrer kapitalistischen Produktionsweise durch Zugeständnisse zur Vermeidung von Strafzahlungen abzusichern. In vielen Industrieländern ist die Autoindustrie einer der am stärksten monopolisierten Wirtschaftsbereiche. Die größten Monopole sind in Deutschland und beherrschen die Automobilmärkte in großen Teilen der Welt. Das 55-Prozent-Ziel der EU erfordert einen hohen Anteil an Elektroautos. Bis Anfang 2030 müßten EU-weit zwei Drittel aller neu zugelassenen Fahrzeuge reine E-, Hybrid- oder Brennstoffzellen-Antriebe haben. Trotz der seit einem Jahr erhöhten Förderung von E-Automobilen, einer staatlich gewährten Absatzförderungsmaßnahme für die Automobilkonzerne, dominieren auf deutschen Straßen PKW mit Verbrennungsmotoren. Der aktuelle Zulassungsanteil an Elektrofahrzeugen liegt laut KBA im Zulassungsmonat Juni bei 12,2 %. Der aktuelle Bestand an Elektrofahrzeugen mit ausschließlich elektrischer Energiequelle liegt bei 365.300 Einheiten, was einem Anteil von 0,64% entspricht. Diesel-und Benzinfahrzeuge sind nach wie vor die profitbringenden Produkte, während bei Elektrofahrzeugen die hauptsächliche Wertschöpfung im Batterieblock zu sehen ist. Und hier scheinen die Automobilkonzerne die Entwicklung eigener Batteriezellenproduktionen lange Zeit aus Profitabilitätsgründen ignoriert zu haben. Die Automobilhersteller und- Zulieferer sehen in den verschärften CO2 -Vorgaben für den Automobilsektor eine staatliche Aufforderung zu einer fundamentalen Abkehr von dem fossil betriebenen Verbrenner-Motor. Die aus heutiger Sicht technisch machbare Ausrichtung auf Elektromobilität halten sie mit wenigen Einschränkungen für falsch und kritisieren sie als Eingriff in ihre Wettbewerbsfähigkeit. So fordert der Vorsitzende des Europäischen Automobilherstellerverbandes, Oliver Zipse, BMW, dass es darum gehen müsse, nicht nur ambitionierte Klimaschutzziele in Form von verschärften Kohlendioxid-Grenzwerten zu formulieren, sondern mit verbindlichen Vorgaben für mehr Ladeinfrastruktur gleichzeitig eine entscheidende Grundlage für deren Erreichen zu schaffen. In gewohnter Manier erwarten die Automobilkonzerne von staatlicher Stelle, daß die infrastrukturellen Voraussetzungen als Gemeinschaftsgut geschaffen werden müssen, damit die verkauften Auto-Produkte auch auf die Straße gelangen können. Die deutschen Automobil-Interessensverbände VDA und ZDK ergänzen dazu, daß neben elektrischen Autos auch Verbrenner-Motoren klimaneutral sein könnten, wenn sie mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen betrieben würden. Sie plädieren dafür, „technologieoffen“ eine Alternative zum ökologisch unabdingbaren Verbrennungsmotor zu entwickeln bzw. den Verbrenner als profitable Cash Cow“ doch noch zu retten. Elektromobilität ist nur ein Baustein für eine klimagerechte Mobilität, weil der Flächenverbrauch, die Überfüllung der Städte und Straßen mit Autos so gut wie nicht verändert wird. Klimagerechte Mobilität mit einem signifikanten Rückbau individueller Auto-Mobilität mit einem hohen Anteil an öffentlichen Verkehrsmitteln, Radwegen und Fußgängerzonen ist an anderer Stelle vertiefend zu erörtern. Dennoch ist davon auszugehen, daß die verkehrserzeugten CO2-Emissionen durch den fundamentalen Wechsel auf Elektromobilität zunächst Richtung Null zeigen. Die eingeforderte Chance, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren könnten ebenso „schnell und nachhaltig klimaneutral“ zum Erreichen der Klimaziele beizutragen, ist politisch motiviertes Gerede. Dieses besagt, daß neben elektrischen Autos auch Verbrenner-Motoren klimaneutral sein könnten, wenn sie mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen betrieben würden. Mit Ökostrom erzeugte E-Fuels könnten helfen, den CO2-Ausstoß zu senken, wenn sie fossilen Kraftstoff ganz oder teilweise ersetzen. Nach den Berechnungen des ADAC liegt heute ein Liter synthetischer Kraftstoff bei ca. 4,50 Euro in der Herstellung. Für das Jahr 2030 wäre ein Preis von 2,29 Euro vorstellbar. Unabhängig von alternativen synthetischen Kraftstoffen wird der CO2-Preis den Spritpreis treiben. Der Leiter des Duisburger Center for Automotive Research (CAR), Ferdinand Dudenhöffer, zugegeben ein Befürworter von Elektromobilität, merkt hierzu an, dass Elektromobilität die Überwindung des Verbrenners einer Überwindung der Welt von gestern sei. Alternativen Antrieben gegenüber sieht er eher kritisch:

Natürlich können wir aus Windstrom über Elektrolyse Wasserstoff gewinnen und dann den Wasserstoff transformieren in Methan und dann das Methan in synthetisches Diesel, und dann das ganz im Verbrennungsmotor mit einem Wirkungsgrad von 40 Prozent verbrennen. Nur: Die Energiebilanz ist gruselig. Am Ende kommt 15 Prozent des ursprünglichen Windstroms beim Auto an. Beim Elektroauto sind es 80 Prozent. Das mag vielleicht für Flugbenzin Sinn machen, aber ist absoluter Nonsens beim Pkw. Kein Mensch käme auf die Idee, die Dampfloks bei der Bahn wiedereinzuführen. E-Loks sind sexy. Mit den Lithium-Ionen-Batterien und den großen Fortschritten, die wir in den nächsten zehn Jahren sehen werden, sind vollelektrische Autos unschlagbar.

Für den Auto-Experten ist aus heutiger Sicht die Elektromobilität der zu beschreitende Weg: „Autos ohne Emissionen, leise, und wenn wir es endlich auch mit dem grünen Strom schaffen, ohne Klimaschädigung. Wir gehen in die Welt von morgen und je schneller wir sind, umso größer ist das Potential in Deutschland für die neue Autoindustrie und die Arbeitsplätze der Zukunft. Wer schnell in die Zukunft geht, wird in der Zukunft Weltmarktführer sein".

Bedeutung der CO2-Grenzwerte für den Klimaschutz

Es ist unbestritten, dass CO2 -Grenzwerte eine effektive Vorgabe sein können, um die Treibhausgasemissionen des Verkehrs zu verringern. Sie sind damit ein wesentlicher Baustein einer erfolgreichen Klimaschutzstrategie. Schon aus dem Pariser Klimaabkommen ergibt sich, dass bis Mitte dieses Jahrhunderts über alle Sektoren hinweg der Treibhausgasausstoß im Vergleich zu 1990 um mehr als 90 Prozent sinken muss. Mit anderen Worten, für den Verkehr müssen die Emissionen schnellstmöglich bei Null liegen, und zwar noch vor der Realisierung der EU-Pläne. Das „runderneuerte“ EU ETS - Straßenverkehr inklusive Die geplante Neuausrichtung des ETS (European Union Emissions Trading System) kommt dem Prozess einer Runderneuerung gleich, wie er in der Automobil-Branche im Bereich der Reifenerneuerung angewandt wird. Runderneuerte Reifen sind neuwertige Pneus, die aus einem Gebrauchtreifen hergestellt werden. Dafür kaufen Firmen, die auf die Runderneuerung spezialisiert sind, abgefahrene Reifen auf und tragen auf deren Unterbau, der so genannten Karkasse, eine neue Laufflächenmischung auf. Das neue ETS erinnert an dieses bekannte Verfahren. Das System ETS   EU-ETS (European Union Emissions Trading System) ist der EU-Emissionshandel. Er verfolgt das Ziel, die Treibhausgasemissionen (wie CO2) unter möglichst geringen volkswirtschaftlichen Kosten zu senken, indem eine begrenzte Zahl an Emissionsrechten ausgegeben und anschließend auf einem Markt gehandelt wird. regelt nach marktwirtschaftlichen Mechanismen die Emissionen von Kohlenstoffdioxid (CO2) und anderen Treibhausgasen. Der Emissionsausstoß soll dadurch gesenkt und so das Klima geschützt werden. Wie viele Tonnen CO2 von einer Gruppe insgesamt ausgestoßen werden dürfen, unterliegt diesem Prinzip. Die dazugehörigen Emittenten, die CO2-Emissionen ausstoßen und das Klima anheizen, benötigen für jede ausgestoßene Tonne CO2 eine Emissionsberechtigung. Wird ohne Berechtigung CO2 emittiert, sind Strafzahlungen fällig. Dieses System war bisher völlig getrennt von den seit längerem diskutierten CO2 -Aufschlägen auf Benzin und Heizöl etc. Ab 2021 wird in Deutschland ergänzend zum europäischen ETS ein Emissionshandelssystem für nahezu alle übrigen CO2-Emissionen eingeführt, die durch Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Öl und Gas entstehen. Demzufolge gilt dann auch im Straßenverkehr und beim Heizen ein CO2-Preis. Die Pflicht zur Abgabe von Emissionsberechtigungen greift zunächst bei den sogenannten „Inverkehrbringern“, also bei den Unternehmen, die Diesel, Benzin und Co. Vertreiben. Ohne konkrete Einsparungsziele unterliegt das System allerdings weiterhin dem Rentabilitätskalkül der marktbestimmenden Energiekonzerne, welche ihre Anlagen rentabel betreiben oder weniger profitable je nach Nachfrage für den Moment stilllegen. Das Bundeswirtschaftsministerium kündigt anläßlich der Neufassung des deutschen Klimaschutzgesetzes und modifizierten Klimaschutzzielen für Deutschland, fast zeitgleich mit der Verkündung der neuen EU-Pläne, eine neue Bedarfsrechnung für den Stromverbrauch in 2030 an. Dabei sollen auch die Anteile an erneuerbaren Energien und Wasserstoff neu berechnet werden. Es wird sich erst beweisen müssen, in welchem Rahmen die bisherige deutsche Klimaschutzpolitik und deren ökologische Bilanz mehr als neue Zielvorgaben für die Reduzierung des Ausstoßes an Treibhausgasen sind.

Zustimmungspflichtige Entscheidungen der EU-Mitgliedsländer stehen noch aus.

Die Regularien der heutigen EU-Formation sehen nach der Sommerpause zunächst eine Erklärung des Umweltausschusses des Europaparlaments vor. Derzeit liegen die EU-Pläne in Form von zwölf Einzelvorschlägen vor. Die Vorschläge der Kommission müssen dann von Europaparlament und Ministerrat, dem Gremium der Staaten, beraten und verabschiedet werden. Beide Institutionen müssen den Kommissions-Plänen zustimmen. Es ist nicht auszuschließen, daß die zeitliche Vorgabe für die Umsetzung der EU-Pläne bis 2035 noch verschoben wird und Zugeständnisse für die Automobilhersteller und – Lieferanten denkbar sind. Alle zwei Jahre soll analysiert werden, ob die betroffenen Autokonzerne belegbare Beweise für die Umsetzung der Klimaschutzziele vorlegen können. Stimmen die Mitgliedsstaaten einstimmig den Plänen zu, sind die Umsetzungen der europäischen Klimaschutzziele in nationale Gesetzesvorlagen der nächste Schritt. Ein wahrhaft akrobatischer Akt. In vielen der EU-Länder ist der aktuelle Entwicklungsstand und Motorisierungsgrad eines möglichen Ausstiegs aus dem Abverkauf von PKW mit Verbrennungsmotoren bei weitem noch nicht auf dem Niveau, das gleichsam die Anschaffung eines Elektro-Fahrzeuges aus Verbrauchersicht nahelegen würde. Von alternativen Antriebssträngen mit einem hohen Anteil von erneuerbaren Energien ist wie schon erwähnt in der gesamten EU derzeit nicht auszugehen. Deutsche Automobilhersteller treiben den Aufbau von Produktionskapazitäten in den jüngeren EU-Mitglieds-Staaten mit kostengünstigeren Billiglohnstrukturen voran. Die dafür gewährten Fördergelder der EU dürften die nationalen Arbeitsmarktstrukturen zunächst verbessern. Aktuell stellt die Umsetzung der Klimaziele der EU nicht wenige Länder vor kaum überbrückbare Zielkonflikte. Zum einen beherbergen sie die zunehmend ausgelagerten Produktionsstandorte der Auto-Konzerne und Produktionsstätten für Zulieferteile, die eine strukturelle Verbesserung der nationalen Arbeitsmärkte bewirken, aber hohe infrastrukturelle Investitionen bedürfen. Nachhaltigkeit in der Produktion und Einhaltung von Klimaschutzauflagen dürften dabei zunächst eine untergeordnete Rolle spielen. Aber die Länder sind nach den EU-Regularien auch dazu aufgefordert, bei der Energieversorgung auf die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien einzuhalten. Das dürfte den finanziellen Gestaltungsrahmen und die Investitionsbereitschaft vor gewaltige Herausforderungen stellen. Zudem ist auch zu berücksichtigen, dass lokale inhaltliche Anforderungen der Hersteller (Local-Content) für ihre Auslandsproduktionen immer weiter zunehmen und die Vorgaben der EU ihren Niederschlag in nationale gesetzliche Vorgaben finden. Klare EU-weite Quoten- und Regulierungsvorgaben für die Automobilhersteller und Energiekonzerne stehen aber noch aus, so dass die eine Umsetzung der Klimaschutzziele gegenüber den herkömmlichen Wirtschaftswachstumszielen innerhalb der EU-Länder eher vernachlässigt oder sogar verhindert werden dürfte. Die vermeintlichen Zugeständnisse der Automobil-Konzerne an zukünftige Alternativen zu den verbrennungsmotorischen Antrieben bedeuten trotz der zu begrüßenden EU-Pläne keine Abkehr von einer auf Profit ausgelegten Steigerung der Automobil-Produktion. Ein sozial-ökologischer Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft bedeutet zuallererst eine Dekarbonisierung der Wirtschaft, eine Abkehr von fossilen Energieträgern als zentrales Mittel für den Klimaschutz.