Erklärung des Vorstands des isw zum Krieg um die Ukraine
Bei der Analyse und Beurteilung des russischen Krieges gegen die Ukraine legen wir dieselben Maßstäbe der Prinzipien des internationalen Rechts an, die wir auch in Bezug auf die Kriege westlicher Staaten gegen Jugoslawien, den Irak, Afghanistan, Libyen oder Syrien verteidigt haben. Unsere wissenschaftliche Arbeit wird geleitet von der Anerkennung der universellen Gültigkeit der Menschenrechte und von dem Anspruch, einen Beitrag gegen gefährliches Hegemonialstreben und gegen das globale Wettrüsten zu leisten, das nicht nur reale Kriegsgefahren mit sich bringt, sondern auch Ressourcen bindet, die zur Bearbeitung der globalen Menschheitsfragen - des Hungers und der sozialen Frage, der laufenden Klimakatastrophe - dringend gebraucht werden. Der von Wladimir Putin befohlene Einmarsch in die Ukraine ist eine politische, humanitäre und militärische Katastrophe. Wir verurteilen diesen aggressiven Akt und sprechen uns für einen sofortigen Waffenstillstand, den Rückzug der russischen Truppen und ein Zurück an den Verhandlungstisch aus. Die militärische Aggression Russlands ist durch nichts zu rechtfertigen. Auch mit dem Heranrücken der NATO an die Westgrenze Russlands, der Missachtung von Russlands Sicherheitsinteressen durch den Westen oder der Weigerungen der ukrainischen Regierung, über Minsk II zu verhandeln, kann dieser Krieg nicht gerechtfertigt werden. Die russische Aggression ist ein Schlag ins Gesicht aller, die für eine friedliche Lösung der Ukrainekrise und für Abrüstung statt Aufrüstung eintreten. Die Folge wird eine unkontrollierte militärische Eskalation sein, eine weitere Aufrüstung in Europa sowie eine Sanktionsspirale, unter der vor allem die Menschen in Russland und in der Ukraine zu leiden haben. Politische Reaktionen des Westens sollten auf die Wiederaufnahme von Gesprächen gerichtet sein und weiteren Hass und Konfrontation vermeiden. Sanktionen, die die Bevölkerung Russlands treffen, lehnen wir ab, ebenso wie eine militärische Antwort der NATO. In den 1980er Jahren gab es die Idee einer multipolaren Welt, die sich in der UNO konstituiert, die Einsicht, dass Overkill-Kapazitäten und gegenseitige Abschreckung auf Dauer nicht zu einem friedlichen Zusammenleben führen können. Diese Idee vom "Europäischen Haus" sollte wieder aufgegriffen werden, um die Spirale von Polarisierung, Nationalismus, Abschreckung und Hochrüstung zu durchbrechen. Es gibt keine militärische, sondern nur eine politische Lösung auf der Basis der Prinzipien der gemeinsamen Sicherheit.
München, 25. Februar 2022 isw - Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.