Der Rüstungskonzern Rheinmetall profitiert bereits seit Jahren von den steigenden Rüstungsausgaben. Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen glänzende Geschäfte, es sei ein "Rekordjahr" für die Rheinmetall gewesen, sagte Vorstandsboss Armin Papperger am Dienstag in Düsseldorf bei der Hauptversammlung des Rüstungskonzerns. Der Ukraine-Krieg und die Ankündigung neuer Aufrüstungsprogramme haben diesen Trend nun beschleunigt. Im ersten Quartal sei der Nettogewinn auf 61 Millionen Euro gestiegen, teilte Papperger den Aktionär*innen mit.

Da kann der größte Rüstungskonzern Deutschlands in diesem Jahr eine Rekordsumme von Dividenden an die Aktionär*innen auszahlen. Die ausgeschüttete Dividende pro Aktie steigt von 2,00 Euro auf 3,30 Euro. Pappberger verspricht den Investoren, dass die Ausschüttungsquote für die Dividende (Dividende im Verhältnis zum Gewinn), künftig bei 35% bis 40% liegen wird und nicht mehr wie in der Vergangenheit bei 30% bis 35%. Börsenanalysten rechnen mit einem Anstieg der Dividende auf 7,00 Euro bis zum Jahr 2026. Der Aktionärskreis der Rheinmetall AG besteht zu 68 Prozent aus institutionellen Investoren (Banken, Versicherungen, Fondsgesellschaften, …), von denen 23 Prozent ihren Sitz in Europa und 42 Prozent in Nordamerika haben.Mit dem Krieg um die Ukraine hat der Düsseldorfer Waffenfabrikant seine Ambitionen untermauert, sein Geschäft auf ein neues Niveau hochzuhieven. Kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte Rheinmetall eine Liste von Rüstungsgütern vorgelegt, deren Auslieferung relativ kurzfristig starten und sich je nach Produkt bis zu zehn Jahre hinziehen könnte. Angeboten werden zum Beispiel Panzer, Militär-Lastwagen, Flugabwehr-Türme und Munition.

Alleine mit der Bundeswehr möchte der Konzern sein Geschäft verdoppeln

Insbesondere das 100-Milliarden-Euro Sonderbudget für die Bundeswehr wird bei Rheinmetall die Kasse klingeln lassen. Dass Deutschland in Zukunft die Nato-Vorgabe, der zufolge Mitgliedsstaaten mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Rüstung ausgeben sollten, einhalten will, eröffnet für Papperger eine "neuen Ära der Verteidigungspolitik". Zuletzt habe man pro Jahr etwa zwei Milliarden Euro vom Bund bekommen, künftig dürften es mindestens vier Milliarden Euro pro Jahr werden, sagte Papperger.

"Das Umfeld für Rüstungsaktien bleibt weiter gut, Anleger bleiben an Bord."
Der Aktionär, 11.05.2022

Zum Glück für die Rheinmetall-Aktionäre rüstet nicht nur Deutschland auf. "Wir stehen in der westlichen Welt – also dort, wo wir als Rheinmetall im Wesentlichen zuhause sind – am Beginn eines beschleunigten Marktwachstums." Man sehe über Deutschland hinaus "internationale Potenziale und teilweise sehr konkrete Projekte, die unsere Wachstumsdynamik zusätzlich unterstützen". Als Beispiel nannte Papperger einen unlängst verkündeten, 850 Millionen Euro schweren Munitionsvertrag mit Ungarn.

"Es gibt derzeit genügend Länder, die diese Fahrzeuge haben wollen, nicht nur die Ukraine."
Vorstandschef Armin Papperger über den Schützenpanzer vom Typ Marder

Dank seiner Internationalisierungsstrategie und die Schaffung "neuer Heimatmärkte"kann sich der Konzern von deutschen Exportregularien unabhängig machen und seine Rüstungsgüter in Krisen- und Kriegsgebiete liefert. Zum Beispiel liefert Rheinmetall Munition über Südafrika an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, obwohl beide Länder in den Jemen-Krieg verstrickt sind. Zudem wurden in den letzten fünf Jahren Munitionsfabriken in höchst problematischen Ländern wie Ägypten und Saudi-Arabien gebaut. Die Rheinmetall-Rendite stamme also auch aus Waffenexporten in Kriegs- und Krisenregionen, kritisiert Jürgen Grässlin, Sprecher der "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!".

Weder sozial noch klimafreundlich

In ihrem Gegenantrag bei der Hauptversammlung kritisierten die Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre den Versuch des Rheinmetall-Vorstandes, sich als "nachhaltig" zu präsentieren. Denn die Diskussion um die sogenannte soziale Taxonomie der EU treibt auch Rheinmetall um. Da Rüstungsgüter nach künftigen Kriterien der EU keine nachhaltige oder gar eine schädliche Anlage darstellen, könnten die Rüstungsfirmen auch schwerer oder zu schlechteren Konditionen an Kredite kommen. Vor diesem Hintergrund - Anfang des Jahres haben zwei Landesbanken Rheinmetall von ihrer Kreditvergabe ausgeschlossen - fordert Papperger eine Klassifizierung der Rüstungsbranche als sozial nachhaltig. "Nachhaltigkeit kann und wird es immer nur dort geben, wo Sicherheit gewährleistet wird; und Sicherheit kann nur dort gewährleistet werden, wo es Wehrhaftigkeit, wo es Verteidigungsfähigkeit gibt“, begründet Papperger seine Forderung. Bereits auf der Bilanzpressekonferenz im vergangenen Jahr hatte Papperger erklärt, dass Rheinmetall  die nächste Generation von Panzer-Fahrzeugen u.a. mit umweltfreundlichen Antrieben ausstatten wolle. "Wir haben ein erstes elektrisches Militärfahrzeug", sagte Pappberger. "Im nächsten Jahr planen wir einen Radpanzer mit Hybridantrieb". Die Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre halten Rheinmetall vor, dass die Treibhausgasemissionen von Rheinmetall (ohne Berücksichtigung der Emissionen aus der Liefer- und Wertschöpfungskette) im Jahr 2021 um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind. Solange Herstellung und Nutzung der Rheinmetall-Produkte maßgeblich auf fossile Energien setzen, werde sich daran auch nichts ändern! Zudem seien die anhaltenden Lieferungen des Rüstungskonzerns in Krisengebiete alles andere als nachhaltig im Sinne der geplanten sozialen Taxonomie der EU. Bei den Protesten vor der Konzernzentrale in Düsseldorf wurden daher auch Forderungen an die Politik laut: "Das geplante Rüstungsexportkontrollgesetz muss künftige Waffenexporte effektiv beschränken und die Rüstungsunternehmen in die Pflicht für den Menschenrechtsschutz nehmen", betonte Martin Singe von pax christi Bonn.

Protestaktion: Rheinmetall entrüsten – Stoppt das Geschäft mit dem Krieg! Für Konversion und ein effektives Rüstungsexportkontrollgesetz!

Anlässlich der Hauptversammlung von Rheinmetall riefen verschiedene friedenspolitische Gruppen, darunter "pax christi", "Ohne Rüstung Leben" und "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!", zu einer Protestkundgebung vor der Konzernzentrale in Düsseldorf auf. "Während sich Rheinmetall vor allem durch Krieg und Krise eine goldene Nase verdient, öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter. Und die Bundesregierung befeuert diese Situation, indem sie weitere 100 Milliarden Euro in die Aufrüstung der Bundeswehr pumpt, anstatt sie zur Bekämpfung von Hunger, Armut und Ungleichheit zu nutzen“, sagte Lisa Schulze vom Bündnis Rheinmetall Entwaffnen. Tilman Massa vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre fordert: "Die Debatte um den Krieg in der Ukraine darf nicht dazu führen, Rüstungskonzerne plötzlich als Garanten der weltweiten Sicherheit oder gar als sozial nachhaltig einzustufen. Solange Konzerne wie Rheinmetall weiterhin bereitwillig die Despoten dieser Welt, die in völkerrechtswidrige Kriegshandlungen verstrickt sind, mit Waffen beliefern, machen sie sich mitschuldig am Tod vieler unschuldiger Menschen.“

Der Text erschien zunächst bei kommunisten.de