Der 1. Oktober 1949 war der Gründungstag der Volksrepublik in China, der in diesem Jahr Anlaß für internationale Veranstaltungen und Aktivitäten war. Das Land hat In den letzten 75 Jahren unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas ausgeprägte Veränderungen vollzogen und dabei eine beispiellose Entwicklung erlebt.[1]

Anerkennende und auch kritisch distanzierte  Stimmen der politischen Eliten unterschiedlichster ideologischer Ausrichtung kommen fast einvernehmlich zu dem Schluss, was ja für die Einschätzung eines „kommunistischen“ Jahrestages schon bemerkenswert ist, dass China in wenigen Jahrzehnten das erreicht hat, wozu die westlichen Industrieländer mehrere Jahrhunderte gebraucht haben. [2]  Chinas Wirtschaft hat sich  seit dem  Gründungsjahr 1949 den Status der  zweitgrößten Volkswirtschaft  der Welt erarbeitet. Nach einschlägigen Fakten der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung, wie sie von Wirtschaftsinstituten und den Mainstream-Medien [3] üblicherweise dargestellt und ausgelegt werden, ist der diesjährige Jahrestag auch ein Anlaß, auf eines der eingelösten chinesischen Ziele hinzuweisen, die den Aufbau einer mäßig wohlhabenden Gesellschaft als eingelöst und erfüllt einstufen.[4] Bemerkenswert ist, dass die Aufmerksamkeit der Welt auf China uns sein Einfluss auf das Weltgeschehen noch nie so tief und fokussiert war wie heute.[5]

Wohin geht die Menschheit – und was hat das mit China zu tun?

Schon zu Beginn der zurückliegenden Dekade hat China die viel beachtete Vision des Aufbaus einer Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit vorgestellt. Dies wird als Chinas Lösung angesehen, um globale Herausforderungen anzugehen und durch konzertierte Bemühungen der internationalen Gemeinschaft eine bessere Zukunft zu schaffen. Es geht dabei nach dem Kooperationsverständnis der begründeten Politik der chinesischen Einheitspartei nicht darum, ein System durch ein anderes oder eine Zivilisation durch eine andere zu ersetzen. Stattdessen geht es darum, mit Ländern unterschiedlicher sozialer Systeme, Ideologien, historischen Kontexten und Entwicklungsstufen einen gegenseitigen Nutzen zu erzielen, gemeinsam Verantwortung in internationalen Angelegenheiten zu übernehmen und dabei Rechte partnerschaftlich zu teilen.[6]

Diese politisch-konzeptionellen Überlegungen, die China in seinem internationalen Wirken als globaler Partner, nach ökonomischen Möglichkeiten angeht, ist darauf ausgerichtet, gemeinsame Verantwortlichkeiten wie die gerechte Verteilung von Ressourcen, Umweltverantwortung und kollektive Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen. Es ermutigt die Länder, ein Gefühl der globalen Solidarität und Zusammenarbeit bei der Bewältigung transnationaler Bedrohungen zu fördern.

Die erreichte Globalisierung, die nicht zuletzt durch den Beitrag von China der verschwörungstheoretisch herbeigeredeten De-Globalisierung widerspricht, sondern vielmehr durch das Zurückdrängen der jahrzehntelang vorherrschenden unipoilaren Entwicklungsrichtung des westlichen kapitalistischen Lagers neue Charakterzüge in Form einer Kooperation der Multipolarität annimmt. [7] Mit der Vertiefung der Globalisierung werden die Nationen immer mehr voneinander abhängig, während sich weiterhin verschiedene globale Herausforderungen abzeichnen: Die Menschheit steht vor natürlichen Herausforderungen wie dem Klimawandel und dem Verlust der biologischen Vielfalt sowie vor gemeinsamen globalen Bedrohungen wie extremer Armut, nuklearer Verbreitung, politischem Extremismus, Hegemonie und eskalierenden geopolitischen Konflikten.

Die Entwicklung Chinas zu einer führenden Wirtschaftsmacht

China ist mit knapp 1,4 Milliarden Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Erde. In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Nation zunehmend zu einer weltweit bedeutenden Wirtschaftsmacht entwickelt. Chinas Wirtschaft ist seit 2010, hinter den USA, die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Misst man die Kaufkraftparität (Waren und Dienstleistungen zu gleich hohen Preisen im Vergleich zweier unterschiedlicher Währungsräume), so weist China nach den Angaben der IWF spätestens seit 2018 ein höheres BIP auf als die USA; und nach den Prognosen zu den Wirtschaftsentwicklungen der 5 Top Länder wird China in den kommenden Jahren die USA und vermutlich alle anderen überflügeln. Daran werden auch die Aussagen der Think Tanks im Auftrag der herrschenden politischen Elite nichts ändern.

IWF- Prognose der kaufkraftbereinigten BIP-Entwicklung der Top 5 Länder

 Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/981785/umfrage/ranking-der-laender-mit-dem-groessten-kaufkraftbereinigten-bruttoinlandsprodukt-in-der-zukunft/


Im Jahr 2023 verzeichnete China ein Wirtschaftswachstum von 5,2%.
Dieses Wachstum lag im Rahmen der planerischen Zielvorgabe für alle Wirtschaftsregionen und -Ebenen Chinas von  fünf Prozent", welches den Wachstumsraten der vergangenen Jahre entsprach. So verzeichnete die Wirtschaftsentwicklung Chinas  zu Beginn des laufenden Jahres ein Wachstum von 5,3% im Vergleich zum Vorjahr. Damit rückt  wie mehrfach beschrieben  das offizielle planerische  Wachstumsziel von "um 5%" für 2024 in greifbare Nähe. In anderen Ländern gibt es mittlerweile eine Kurskorrektur in Richtung eines schrumpfenden Wirtschaftswachstums, , die eher einer nicht mehr verdrehbaren Rezession entspricht.[8]
 
Zugegeben, auch China kämpft  mit Auswirkungen struktureller und globaler Einflußfaktoren, die hinlänglich beschrieben und analysiert sind.[9]  Deshalb scheint an dieser Stelle die Anmerkung ausreichend, dass die sich angestauten Markt-Dissonanzen im Immobiliensektor sich trotz der staatlichen Stützungsmaßnahmen wie  sinkende Wohnungsnachfrage weiterhin besteht und die Immobilienpreise nach wie vor nicht ausreichend stabil sind.  Auch der private Konsum kann noch keine übermäßigen Sprünge vorweisen im Vergleich zu den Wachstumszahlen der vergangenen Jahre.  Allerdings erfüllen die staatlichen Stützungsmaßnahmen zur Belebung der Wirtschaft in Summe ihre wirtschaftsstabilisierende Funktion, so dass ein BIP-Wachstum von um die 5% erreichbar erscheint. Staatliche Stützmaßnahmen sind in einem System, das keine Profitmaximierung privater monopolistischer Unternehmensstrukturen zum Ziel hat, sondern dem Gemeinwohl der institutionalisierten sozialistischen Marktwirtschaft chinesischer Prägung verpflichtet ist,  durchaus angebracht und von der Bevölkerung gefordert werden kann.[10]  Das ist der systemische Unterschied zur Subventionierung beispielsweise von Großkonzernen, die ihre Profitziele verfehlen und dann dem Staat mit Abwanderung und Vernichtung von Arbeitsplätzen drohen, wenn staatliche Subventionen ausbleiben sollten. [11]

Das entspricht weitestgehend der vorherrschenden sozialistischen Marktwirtschaft chinesischer Prägung auf den Grundlagen der Dominanz des staatlichen Eigentums an Produktionsmitteln, der Integration von Planwirtschaft und Marktelementen sowie der Führung durch die Kommunistische Partei Chinas. Der Staat behält die Kontrolle über strategische Industrien und wichtige Wirtschaftssektoren. Und es gibt weiterhin eine übergeordnete wirtschaftliche Planung, aber mit mehr Flexibilität als in einer reinen Planwirtschaft.  Privatunternehmen sind zugelassen, die auch einen wesentlichen Anteil am Erwirtschaften des Bruttoinlandsproduktes haben. Zudem sind ausländische Direktinvestitionen erlaubt, und die Preisbildung erfolgt teilweise durch Angebot und Nachfrage.[12]

Zur wirtschaftlichen Situation von Wirtschaft und Gesellschaft sollen einige aktuell verfügbare Zahlen im Jahr des 75-jährigen Bestehens der Volksrepublik angeführt werden:

Eine andere Perspektive – auch für Länder des globalen Südens

Auf der Grundlage seiner inzwischen erreichten Wirtschaftsmacht hat China auch seinen weltweit wirkmächtigen Einfluss im Rahmen von Wirtschaftskooperationen, Zusammenarbeit und seines Einflusses in internationalen Organisationen maßgeblich aufgebaut. Dazu gehören, stellvertretend ausgewählt, etwa die  Bereiche

- Engagement in der UN-Entwicklungszusammenarbeit; China hat sich zu einem immer sichtbareren Akteur in der UN-Entwicklungszusammenarbeit entwickelt,
- Einrichtung des UN-Treuhandfonds für Frieden und Entwicklung,
- Einbringen von Expertise zur Armutsbekämpfung zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele,
- Stellvertretende Generaldirektorenfunktion  bei der Welthandelsorganisation (WTO),
- Führungspositionen bei der UN-Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO),
- Führungspositionen bei der Internationalen Fernmeldeunion (ITU),
- Leitende Position bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO),

In Ergänzung dazu hat China eigene Initiativen und Programme  auf internationaler Ebene lanciert wie etwa
- die Neue Seidenstraße (Belt and Road Initiative, BRI) , die zudem als Plattform für Kooperationen mit  UN-Organisationen dient [13]
- Gründung der Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank[14]
- Förderung von Konzepten wie die "Schicksalsgemeinschaft der Menschheit"[15]

So hat sich etwa die Belt and Road Initiative (BRI) von einem chinesischen Konzept-Vorschlag zu international praktizierten Maßnahmen mit dem Schwerpunkt des Aufbaus von Infrastrukturen und Ausbau internationaler Handelswege entwickelt. [16] Es hat nicht nur greifbare Vorteile für die teilnehmenden Länder gebracht, sondern auch einen positiven Beitrag zur Förderung einer gesunden Globalisierung, zur Bewältigung globaler Entwicklungsherausforderungen und zur Verbesserung der globalen Gouvernance beigetragen. In diesem Zusammenhang bedeutet Global Gouvernance die Vorgabe eines Rahmens von Prinzipien, Regeln, Gesetzen und Institutionen, der darauf abzielt, globale Probleme zu lösen und die Globalisierung politisch zu gestalten.[17]

Projekte wie der Wirtschaftskorridor China-Pakistan, China-Europe Railway Express, China-Laos Railway, Jakarta-Bandung High-Speed Railway, Piräus Port haben den Menschen in den Kooperationsländern sehr geholfen. Bis Ende Juni 2023 hatte China über 200 Kooperationsdokumente mit mehr als 150 Ländern auf fünf Kontinenten und über 30 internationalen Organisationen im Rahmen des BRI-Rahmens unterzeichnet, wodurch unzählige ikonische Projekte sowie kleinere, menschenzentrierte Projekte geschaffen wurden. Zusammenfassend lässt sich gerade zur Belt and Road-Initiative anführen, dass bis Mitte letzten Jahres China über 250 Kooperationsdokumente mit mehr als 150 Ländern auf fünf Kontinenten und über 30 internationalen Organisationen im Rahmen des BRI-Rahmens unterzeichnet hat, wodurch unzählige ikonische Projekte sowie kleinere, menschenzentrierte Projekte geschaffen wurden.[18]

Das erklärte Bedürfnis von China nach Zusammenarbeit, auch über ideologische und systemische Unterschiede hinausreichend, war noch nie so dringend oder wichtiger als heute. Dabei ist hervorzuheben, dass dieses internationale Agieren insbesondere auch Länder des globalen Südens ermutigt, eine Zusammenarbeit bei der Bewältigung transnationaler Bedrohungen zu fördern. China kann für sich beanspruchen, in den letzten zehn Jahren erhebliche Hilfe geleistet und verschiedene Organisationen wie die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) gegründet zu haben zur Förderung von Projekten in PArtnerländern,  die Chinas Prinzipien der Gleichheit, Inklusivität, Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit widerspiegeln.Im Gegensatz zu den selektiven Allianzen des Westens, worunter Länder des globalen Südens in ihrer Phase der Überwindung des Kolonialismus ihre Abhängigkeit nicht überwinden konnten,  hat China belegbar  einen Weg des integrativen Multilateralismus beschritten und etabliert, der integrative Rahmenbedingungen wie die BRI fördert, um die Entwicklung in zahlreichen Nationen zu erleichtern.[19]

"Da sich Entwicklungsländer zunehmend mit China beschäftigen, kann es zu einer Verschiebung der globalen Machtdynamik kommen, die eine multipolare Welt ermöglicht, in der verschiedene Entwicklungsmodelle nebeneinander existieren". [20]


Chinesische Initiativen – ein Zwischenfazit zu 75 Jahre VR China

Zum Jahrestag der Gründung des heutigen Chinas lässt sich als eine Bewertung des Status Chinas im globalen Kontext oder besser gesagt als ein Zwischenfazit seiner Entwicklung  auf die Global Development Initiative von China im Jahr 2021 verweisen. Die proklamierte Vision zielt darauf ab, eine Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit aufzubauen; sie beinhaltet
- die Global Development Initiative,
- die Global Security Initiative und
- die Global Civilization Initiative von 2021 bis 2023. [21]

Alles drei Initiativen konzentrieren sich auf die Bewältigung globaler Entwicklungs-herausforderungen, die Beseitigung globaler Sicherheitsrisiken und die Förderung des Austauschs und des gegenseitigen Lernens zwischen den Zivilisationen.[22] Bisher haben mehr als 100 Länder und internationale Organisationen ihre Unterstützung für die Global Development Initiative angemeldet,  wobei über 70 Länder dieser "Gruppe von Freunden" beigetreten sind. Laut der People's Daily Overseas Edition haben mehr als 200 Projekte zur Entwicklungszusammenarbeit Ergebnisse erzielt.[23] UN-Generalsekretär António Guterres lobte die Global Development Initiative als "wertschätzenden Beitrag zur Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen und zur Beschleunigung des Übergangs zu einer nachhaltigeren und integrativeren Zukunft".[24]

 

Quellen

[1] http://german.xinhuanet.com/20240930/0fc9ade90c614d5fbf248b437c27d5f7/c.html

[2] Andre Gunder Frank: ReORient. Globalwirtschaft im Asiatischen Zeitalter, 2016, Kap.1

[3] https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/politik/china-volksrepublik-jubilaeum-75-jahre-e532715

[4] https://www.globaltimes.cn/page/202409/1320591.shtml

[5] https://www.globaltimes.cn/page/202409/1320585.shtml

[6] https://www.kapitalkompakt.de/blog/75-jahre-volksrepublik-china-modernisierung-globale-entwicklung

[7] https://german.cri.cn/2024/09/27/ARTIgjx2LPwJOeQpj6m211UD240927.shtml

[8] https://dzresearchblog.dzbank.de/content/dzresearch/de/2024/04/16/china--kraeftigeres-wirtschaftswachstum--aber-strukturschwaechen.html

[9] https://www.zukunftsinstitut.de/zukunftsthemen/ambivalenz-chinas;

https://www.bmvg.de/resource/blob/22628/b0a4a5e62c8754bc97a128c5f1e1d561/20180306-china-perspektiven-und-herausforderungen-data.pdf;

https://www.kas.de/de/web/auslandsinformationen/artikel/detail/-/content/china-ein-entwicklungsland-als-globale-macht

[10] https://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/china-regierung-hilft-immobilienmarkt-a-caae2ede-3deb-4a0d-9a14-4c0e17fb8669

[11] https://www.isw-muenchen.de/aktuelles/termine/eventdetail/25/-/china-unser-neuer-hauptfeind

[12] https://www.zeitschrift-marxistische-erneuerung.de/de/article/1262.das-kapital-und-die-sozialistische-marktwirtschaft-in-der-vr-china.html

[13] https://library.fes.de/pdf-files/international/20384.pdf

[14] https://library.fes.de/pdf-files/iez/19345.pdf

[15] A.a.O.: https://library.fes.de/pdf-files/international/20384.pdf

[16] https://www.isw-muenchen.de/online-publikationen/texte-artikel/5154-die-seidenstrasseninitiative-3-internationales-kooperationsforum-belt-and-road

[17] https://de.wikipedia.org/wiki/Global_Governance

[18] https://www.kas.de/c/document_library/get_file?groupId=252038&uuid=1d5a14e0-27c9-cd16-9565-88493215fb6b;

https://www.logistik-express.com/belt-and-road-initiative-projekte-im-stresstest/

[19] https://www.isw-muenchen.de/online-publikationen/texte-artikel/5294-wirtschaftskooperation-zwischen-china-und-afrika-seit-24-jahren-focac

[20] Bojan Lalic, Direktor des Belt and Road Institute, Belgrad, Sept. 2024

[21] https://en.wikipedia.org/wiki/Global_Development_Initiative; http://en.chinadiplomacy.org.cn/gdi/index.shtml

http://no.china-embassy.gov.cn/eng/lcbt/lcwj/202401/P020240112016449761416.pdf

[22] https://www.globaltimes.cn/page/202409/1320591.shtml

[23] https://simple.wikipedia.org/wiki/Global_Development_Initiative

[24] https://www.un.org/uk/desa/china%E2%80%99s-belt-and-road-forum-guterres-calls-inclusive-sustainable-and-durable