Eine aktuelle Bilanzanalyse des Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY) schlussfolgert für die Automobilindustrie, dass die Investitionen in Elektromobilität und das Autonome fahren den Prozess der Monopolisierung und der Bereitschaft zu Kooperationen verstärken werden.
Umschrieben wird dieser konkurrenzbedingte Konzentrations- und Zentralisationsprozess von Produktionsmitteln und Arbeitskräften als „bevorstehende Marktbereinigung“. Im Kern ist in diesem Fall unter Konzentration die Verwandlung mehrerer kleinerer in größere Kapitale zu verstehen, was zunächst nicht zwingend den Spielraum durch das absolute Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums beschränkt. Kapital schwillt also mehr oder weniger in einer Hand zu einer großen Masse. Das Beratungsunternehmen dürfte die genannte Bilanzanalyse nicht selbstlos erstellt haben, sondern eher als eine Maßnahme für Akquisition, um als Berater im Prozess der erwarteten Fusion und Kooperation Aufträge zu erhalten.
Im Prozess der so genannten Marktbereinigung seien gerade solche Unternehmen im Vorteil, die im Konkurrenzkampf um die zukünftige Ausrichtung der Autoindustrie bei den Themen Elektromobilität und Autonomes Fahren bereits umsteuern. Um die explodierenden Kosten dafür in den Griff zu bekommen, ginge der Trend zu mehr Kooperationen und sehr weitgehenden Partnerschaften.
Nachdem aus Beratersicht von Ernst & Young (EY) die Ausgaben für Forschung und Entwicklung alternativlos seien, hätte die Absatzflaute zu Jahresbeginn und die hohen Kosten für neue Technologien bei den meisten Autokonzernen erkennbare Spuren, also Rückgang der ausgewiesenen Kapitalerträge hinterlassen.
Profitabilität und Absatzmethoden – der Sumpf ist tief
Daimler rangiert nach der Studie im ersten Quartal dieses Jahres auf Platz eins der weltweit profitabelsten Unternehmen. 7,1 Prozent vom Umsatz weist Daimler als operatives Ergebnis aus. Das war zwar erkennbar weniger als zu Jahresbeginn 2018, aber immerhin mehr als bei allen anderen untersuchten Herstellern. Auf den nachfolgenden Plätzen landeten Toyota mit 6,8 Prozent, Suzuki mit 6,5 und Volkswagen mit 6,4 Prozent. BMW rutschte mit nur noch 2,6 Prozent zunächst aus den Top Ten. „Die Profitabilität sinkt auf breiter Front, und wenn sich die aktuelle Absatzschwäche fortsetzt, werden wir verstärkt Preiskämpfe sehen, die die Margen noch weiter belasten dürften“, so die Ernst & Young (EY)-Studie.
Die Autokonzerne sind mit Sicherheit durch die Erkenntnisse aus der EY- Studie nicht überrascht worden. Der eine oder andere unter ihnen mag sich sogar ermutigt fühlen, mit Hilfe eines Beratungsunternehmens, wenn nicht schon ausgelöst, einen möglichst wettbewerbs-differenzierenden Weg für eine Fusion oder Kooperation im Zuge der sich abzeichnenden Monopolisierung erstellen zu lassen und zu initiieren.
Es geht um die langfristige Ausrichtung der Unternehmsstrategien zur Sicherstellung der Erzielung von Profiten, den Kampf um Marktanteile mit möglichst marktrelevanten und profitbringenden Produkten. Und hier tummeln sich die genannten und nicht genannten Auto-Hersteller im gleichen Teich, im Teich für den Fang der potentiellen und faktischen Käufer von Automobilen.
Der erzielte Absatz an Automobilen bestand bisher zum überwiegenden Teil aus grenzwert-überschreitenden Diesel- resp. Benzinfahrzeugen. Die vorhergesagte Preisschlacht unter den Herstellern ist aber keine originelle Neuentdeckung von Ernst & Young, sie hat längst begonnen. Keine Methode, keine Werbeaussage ist den Autokonzernen zu schade, um ihre Profitziele mit Preisnachlässen, Markenversprechen und Absatzmethoden verwirklicht zu sehen.
So weisen auch die verpflichtenden Angaben zu den Schadstoffemissionen nachweislich zum Teil erhebliche Abweichungen in der Praxis auf. Am Beispiel des Profit-Champions Daimler (laut EY-Studie) lässt sich das fast wie eine kausale Erklärung aufzeigen: In einer frisch veröffentlichen Studie führt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) (seit 15 Jahren im Rahmen einer ökologischen Marktüberwachung aktiv im Nachweis von Grenzwerteinhaltung und korrekter Kennzeichnung der Schadstoffemissionen in der Automobilindustrie) den Nachweis der unlauteren Emissionsangaben in den Werbekampagnen verschiedener Hersteller, eben auch der Daimler Benz AG. Für das Anbieten von Automobilen existieren faktisch strenge Vorschriften zur Sicherstellung niedriger Emissionen des Klimagases CO 2. Auch zur Eindämmung des Dieselabgasgiftes NOx müssen Neuwagen strenge Grenzwerte einhalten. Zur Kennzeichnung der Energieeffizienz des Fahrzeugs soll für den Käufer auf einer Skala von A bis G der Effizienzgrad des zu erwerbenden Fahrzeuges ausgewiesen werden. Nicht zuletzt durch die jüngsten Klimaschutz- und Bewegungen für saubere Luft spielt die Umweltfreundlichkeit beim Erwerb eines Automobils mehr und mehr ein sensibles, ausschlaggebendes Kriterium.
Für Automobile bedeutet die Kategorie A eine besonders gute Effizienz, einen geringen Kraftstoffverbrauch, während die Kategorie G für eine besonders schlechte Effizienz steht. Die DUH hat den Nachweis erbracht, dass etwa Volkswagen zur besseren Kategorisierung ihrer verbrauchsintensiven Fahrzeuge die ergänzende Klasse H schon in 2011 erfunden hat. Durch den Rutsch auf der Skala nach oben werden die Produkte dem Endverbraucher als energieeffizienter angeboten als sie in Wirklichkeit sind. So titelte der Stern in 2015 seinen Bericht über die Effizienzskalierung: „Nicht nur VW mogelt: Von Waschmaschine bis Kühlschrank: so tricksen Firmen bei Produkttests“. Weitere auffällige Ergänzungen durch neu erfundene Effizienzklassen liegen von Cadillac vor, die in 2016 gleich sechs neue Effizienzklassen H, I, J, K, L und M erfunden haben zur besseren Darstellung ihrer klimaschädlichsten Spritfresser. Ein aktuelles Beispiel liefert nach Angaben der DUH Hyundai mit einer ebenfalls hinzu gedichteten Effizienzklasse H, so dass für den Kunden die gesamte Produktpalette umweltfreundlicher erscheint.
Die Bewerbung umweltschädlicher Automobile
Nach Recherche der Deutschen Umwelthilfe (DUH) startete die Daimler Benz AG in 2013 eine bundesweite Werbekampagne zur Vermarktung seiner neuen Mercedes S-Klasse. Die angegebenen Spritverbrauchs- und CO2-Angaben waren zu niedrig, die schlechten Werte seiner Spitzenmotorisierung unterschlug der schwäbische Autobauer. Sowohl in doppelseitigen Zeitungsanzeigen wie riesigen Straßenpostern wurde mit den geschönten Werten geworben.
Daimler warb beim Mercedes C 220 BlueTec mit der Behauptung „BlueTec reduziert die Emissionswerte unserer hochmodernen Dieselmotoren auf ein Minimum.“ Doch bei Abgasmessungen der niederländischen Prüforganisation TNO und der DUH hatte sich für dieses Modell eine bis zu 28-fache Überschreitung der geltenden Stickoxid-Grenzwerte im Straßenbetrieb ergeben. Das waren die schlechtesten Werte aller untersuchten Fahrzeuge. Die DUH zog wegen der Werbelüge vor Gericht. Daimler argumentierte, seine Aussage der ‚Reduzierung auf ein Minimum‘ bezöge sich auf den Vergleich nicht mit sauberen Motoren der Konkurrenz, sondern mit anderen Mercedes-Motoren, und diese seien eben noch schmutziger. Das Vorhandensein von Abschalteinrichtungen wurde bestritten.
Wenige Wochen danach entsprach das Amtsgericht Stuttgart einem Antrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart, das bei Diesel Pkw von Mercedes das Vorhandensein illegaler Abschalteinrichtungen annahm. Schließlich ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt den Rückruf dieses und weiterer Fahrzeugtypen an. Verkehrsminister Scheuer bestätigte zwischenzeitlich hausintern die Ergebnisse der DUH-Untersuchungen, dass sogar 3 Mio. Mercedes Diesel Fahrzeuge mit illegalen Abschalteinrichtungen manipuliert sind. Auch die Staatsanwaltschaft Stuttgart ließ bei Daimler mehrere Hausdurchsuchungen durchführen. Ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Betrug in mehr als einer Million Fälle wurde eingeleitet. Das Landgericht Stuttgart sieht in aktuellen Zivilklagen den vorsätzlichen Betrug gegenüber Käufern solcher Fahrzeuge als bestätigt an.
Die Liste der trügerischen Werbeaussagen von nicht wenigen Autoherstellern ließe sich in umfangreichem Ausmaß erweitern. Bei weitergehendem Interesse sei an dieser Stelle aus Gründen der thematischen Eingrenzung auf die vollständigen Untersuchungsergebnisse der DUH verwiesen.
Eine abschließende Betrachtung sowohl der eingangs zitierten Studie von EY, also der sinkenden Profite infolge der sich gerade abzeichnenden Absatzflaute und Kostensteigerung für die Zukunftsausrichtung der Auto-Konzerne als auch die Ergebnisse der DUH-Studie, einer nachweislich bewussten wahrheitsverschweigenden und beschönigenden Bewerbung der Grenzwertüberschreitung von Benzin- und Dieselfahrzeugen, liegt folgender Schluss nahe: Profitstreben und manipulative Bewerbung umweltbelastender und gesundheitsschädlicher Emissionen bei Automobilen treffen aufeinander und sind kein Zufall. Von Zufall spricht man, wenn für ein einzelnes Ereignis oder das Zusammentreffen mehrerer Ereignisse keine kausale Erklärung gegeben werden kann. Die kausale Erklärung im Fall der Automobilindustrie ist die sich verstärkende Sensibilisierung der Öffentlichkeit, die kritischer werdende Verbraucherhaltung und die sinkenden Profite von Produkten, die den Vorschriften widersprechen. Das führt zu Gegenmaßnahmen wie im vorliegenden Fall der unlauteren Bewerbung der angebotenen Produkte.