Ob arm, ob reich Vor dem Virus sind wir alle gleich. Oder auch nicht. Seit inzwischen fast zwei Jahren wird die ökonomische und soziale Entwicklung weltweit vom Corona-Virus bestimmt. Gerade auch europäische Länder erlitten tiefe Einbrüche. Nachdem besonders in der Eurozone bereits ab 2008 die Fliehkräfte und die Ungleichheit in der Entwicklung zunahmen, stellt sich die Frage, wie Corona in Hinsicht auf diese Divergenzen gewirkt hat. Waren vor dem Virus alle gleich - oder hat die Pandemie das Auseinanderdriften der Währungsunion verstärkt? Eine erste Auskunft darüber geben die Wachstumsraten im Jahr 2020:

Wirtschaftswachstum 2020

Euroraum -6,2%
Spanien -10,8%
Italien -8,9%
Griechenland -8,2%
Frankreich -7,9%
Portugal -7,6%
Belgien -6,3%
Österreich -6,3%
Deutschland -4,6%
Niederlande -3,8%
Finnland -2,9%
Luxemburg -1,3%
Irland +5,9%
Quelle: Daten nach Eurostat, September 2021

Griechenland, Spanien, Portugal aber auch Italien und Frankreich verbuchten demnach weitaus größere Verluste als Deutschland oder die Niederlande. Irland ist das einzige Euroland mit einem Wachstum, das allerdings weitgehend auf Finanztransfers und nicht auf reale ökonomische Aktivitäten zurückzuführen ist. Die Zahlen zeigen jedenfalls, dass genau die Euroländer, die bereits ab 2008 von der Finanzkrise und der darauffolgenden europäischen Austeritätspolitik am härtesten betroffen waren, nun auch die Hauptverlierer der Coronakrise sind.

2020: Beschleunigte Divergenzentwicklung

Damit vertieft sich eine längerfristige Tendenz zur Spaltung in Gewinner- und Verliererländer. Diese Tendenz drückt sich statistisch beispielsweise in den relativen Veränderungen des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts pro Kopf (BIP pK) aus. Man kann Unterschiede in der Wirtschaftsleistung und Divergenz-Entwicklungen ganz gut an dieser Größe festmachen: So lag etwa im Jahr 2007 das BIP pro Kopf in Deutschland 6 % über dem Durchschnitt der Europäischen Währungsunion (EWU). In 2019 überstieg es diesen Durchschnitt bereits um 19 %! Spiegelbildlich dazu verlief die Entwicklung vieler südeuropäischer Länder: Spanien etwa verzeichnete 2007 ein BIP pro Kopf von 82 % des EWU-Durchschnitts. 2019 war das spanische Pro-Kopf-Produkt auf nur noch 76 % zurückgefallen. Der Abstand in Einkommen und Wohlstand zwischen Deutschland und Spanien hatte also in den vergangenen Jahren von 24 Prozentpunkten auf 43 Prozent(punkte) signifikant zugenommen!

BIP pro Kopf, gemessen am Durchschnitt der Eurozone 2007, 2019 und 2020

  2007 2019 2020
Deutschland 106% 119% 122%
Belgien 111% 118% 118%
Niederlande 130% 134% 138%
Österreich 118% 128% 127%
Frankreich 104% 103% 102%
Finnland 121% 124% 128%
Irland 154% 207% 225%
Luxemburg 265% 292% 306%
Spanien 82% 76% 71%
Italien 94% 86% 84%
Portugal 57% 59% 59%
Griechenland 72% 49% 47%
Quelle: Eigene Berechnung nach Daten aus Eurostat

 

Insgesamt haben sich zwischen 2007 und dem Vor-Corona-Jahr 2019 von den in Aufstellung 2 aufgelisteten EWU-Staaten Deutschland, Holland, Luxemburg, Belgien, Irland, Finnland und Österreich teilweise deutlich verbessert. Portugal blieb, bei einem niedrigen Niveau, in etwa auf dem (relativen) Stand von 2007, auch Frankreich blieb nahe am Durchschnitt. Spanien, Italien und Griechenland verloren stark. Die Pandemie setzte dann im Jahr 2020 noch einmal kräftig eins drauf. Sie wirkte als Divergenzbeschleuniger. Neben den Steueroasen Irland und Luxemburg bauten Deutschland, Finnland und die Niederlande ihren Vorsprung zusätzlich aus. Italien, Griechenland und vor allem Spanien fielen weiter zurück.

2021: Die Kehrtwende?

Allerdings scheinen viele Prognosen für das laufende Jahr 2021 Entwarnung zu geben und eine Trendwende anzudeuten. Demnach könnten heuer vor allem Italien und Spanien einen kräftigen Aufschwung hinlegen. So wird etwa für Spanien ein Wachstum von rund 6 % prognostiziert. Die Prognosen für Italien steigen inzwischen ebenfalls auf bis zu 6 %, was die vorangegangenen hohen BIP-Rückgänge aber keineswegs ausgleichen würde. Außerdem sind diese Raten statistisch durch den „Basiseffekt“ überzeichnet, der sich aus den Vorjahres-Einbrüchen ergibt. Im Volumen gerechnet blieben weiterhin deutliche Produktionsverluste bestehen. Und auch über den Zwei-Jahres-Zeitraum 2020/2021 gerechnet, wären die Einbußen in Italien, Spanien, Griechenland und Portugal prozentual höher als die in Deutschland, Holland oder Belgien. Außerdem sind Prognosen derzeit ohnehin dünnes Eis. Wie die europäische Wirtschaft anhand zunehmender Lieferengpässe bei bestimmten Vorprodukten das Jahr tatsächlich abschließen wird, lässt sich derzeit (Oktober 2021) noch nicht absehen.

Gründe für die ungleiche Betroffenheit

In der Presse werden meistens zwei Gründe für die stärkere Betroffenheit der Südländer angeführt: Erstens ihre Abhängigkeit vom Tourismus und zweitens die üblichen Vorurteile: Sie hätten halt – im Gegensatz zum sparsamen Deutschen – nicht „gehaushaltet“ und deshalb kein Geld fürs Krisenmanagement in der Kasse gehabt. Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus war sicherlich eine Ursache für die besondere Anfälligkeit dieser Länder. Diesen Umstand allerdings als quasi naturgegeben hinzunehmen, wäre zu simpel. Denn die Tourismus-Abhängigkeit bedeutet ja nicht nur, dass Portugal oder Spanien eben schöne Landschaften und Strände haben. Sie impliziert gleichzeitig, dass sie industriell nachhinken. Und tatsächlich erlebten mehrere EU-Südstaaten seit 2008 einen zumindest teilweisen Deindustrialisierungsprozess, der sie verstärkt auf den Tourismus zurückwarf. Industrielle Kapazitäten wurden stattdessen in einigen Regionen Hollands, Deutschlands und Österreichs ausgebaut. Die Marktsteuerung der Investitionen zentralisiert Kapital in einem nord-mitteleuropäischen Industriegürtel und richtet andere Teile der Eurozone entweder als Agrar- oder als Tourismusregionen her, was man etwa in Spanien in Reinform betrachten kann. In der Coronapandemie führt das dazu, dass gerade die Länder, die in die Rolle der Strandparadiese und Museumshochburgen gedrängt wurden, die Zeche dafür zahlen mussten. Die Deregulierung des Kapitalverkehrs und der Kapitalmärkte in der Eurozone hat zu einer regionalen Verteilung und Konzentration von Produktivkapital geführt, die zur erhöhten Krisenanfälligkeit schwächerer Staaten beiträgt[1]. Das zweite Thema ist die Kassenlage. Tatsächlich kann man feststellen, dass im Jahr 2020 die staatlichen Hilfsgelder unterschiedlich umfangreich vorhanden waren. Es ist manchmal unklar, was wirklich als „Coronahilfe“ definiert werden kann. Es gibt direkte Hilfen, Steuererleichterungen, Kreditbürgschaften, unterschiedliche Laufzeiten verschiedener Hilfsprogramme, sich überschneidende Programme. Aber in etwa errechnen sich folgende Summen für 2020: Wenn wir Kreditgarantien und Bürgschaften, sowie Steuererleichterungen einbeziehen, hatte Deutschland mit Abstand das üppigste Hilfspaket: Es beziffert sich auf nicht ganz 1.200 Milliarden €. Verschiedenen Angaben aus den Medien und eigenen Schätzungen nach folgte Italien mit etwa 550 Milliarden, wobei diese Summe fast ausschließlich aus einem Rahmen für Bürgschaften und kaum aus direkten Hilfen bestand. Spanien stellte ein Budget über ca.135 Milliarden zur Verfügung, Frankreich erstaunlich niedrige (geschätzt) 340 Milliarden, Portugal rund 10 Milliarden[2]. Auch hier sind die Bürgschaften dominierend, direkte Hilfen waren eher spärlich. Umgerechnet auf die Bevölkerungszahl ergibt sich daraus eine starke Ungleichheit der Hilfsmittel: Deutschland hatte im ersten Jahr der Pandemie deutlich mehr Geld pro Einwohner für die Abfederung der Krise zur Verfügung als andere Länder. Der Grund für diese Mittelungleichheit dürfte in den Nachwirkungen des ja eigentlich wegen der Pandemie suspendierten europäischen Fiskalpakts liegen: Staaten mit höherer Verschuldung waren vorsichtig bei der notwendigen Kreditaufnahme, da sie befürchten mussten, „nach Corona“ wieder in die Zwänge des reinstallierten Fiskalpakts und der Kapitalmärkte zurückgestoßen und in fiskalisches Totsparen gezwungen zu werden. Allerdings standen ab März 2020 Finanzierungsmittel des EZB zur Verfügung. Warum diese Gelder nicht von Anfang an stärker eingesetzt wurden, ist eine offene Frage.

Die EU-Hilfen: Next Generation-Offensive gegen die Divergenz?

Aber nun soll sich das anscheinend fundamental ändern. Die EU möchte mit ihrem Programm „Next Generation“ „Wiederaufbauhilfen“ im Umfang von 750 Mrd. € verteilen. Gleichzeitig hält die EZB weiterhin mit ihrem 1.850Mrd. € schweren Pandemic Emergency Purchase Programm (PEPP) ergiebige Geldspritzen bereit. Ist das eine Kehrtwende - werden damit den EU- und Euroländern notwendige Mittel zur Verfügung gestellt, um die pandemiebedingten Einbrüche wettzumachen und um Europa nicht weiter in Arm und Reich auseinanderdriften zu lassen? Da „Next Generation“ in den Medien breit vorgestellt wurde, sollen hier keine weiteren Details beschrieben werden. Wichtig sind aber folgende Zusammenhänge und Beobachtungen:

  • Bei den Verhandlungen zu diesen Paketen wurde im ersten Halbjahr 2020 zunächst einmal viel politisches Porzellan zerbrochen. Bei der Finanzierung ging es wieder um Eurobonds, also um eine gemeinsame Schuldenaufnahme der EU-Staaten. Die Ablehnung dieser Bonds durch Deutschland, Holland, Österreich, Schweden und Finnland wurde von den schwächeren Ländern als Verweigerung der Zusammenarbeit und der Solidarität verstanden.Aber wie es manchmal so ist, lassen sich neoliberale Dogmen eben doch nicht ständig gegen die Zwänge der Realität aufrechterhalten. Mitte 2020 zeigte sich, dass die Versuche der „sparsamen Vier“ und Deutschlands wieder einmal mitten in einer Krise Reste der Austeritätspolitik aufrechtzuerhalten, nicht richtig erfolgreich sein konnten. Die EU tritt seit Jahrzehnten unter dem Banner der „Kohäsionspolitik“ an, mit der sie Europa ökonomisch und sozial angleichen und zusammenführen möchte. Sie gibt einen erheblichen Teil ihrer Budgets für Konvergenzprogramme aus und betont immer wieder ihre Aufgabe, in Europa für gleiche Lebensverhältnisse zu sorgen. Einfach weiter „den Markt“ walten zu lassen, Regierungen handlungsunfähig zu machen und die Finanzierung der Coronalasten eventuell auch noch den ohnehin seit 2008 dysfunktionalen Kapitalmärkten zu überlassen, wäre wohl doch nicht möglich gewesen. Für die Finanzierung setzte sich deshalb letztlich das Modell einer umfangreichen Kreditaufnahme durch die EU durch, die von den einzelnen Ländern nach ihren jeweiligen Anteilen an der Union garantiert wird. Keine Eurobonds, aber eine gemeinsame Verschuldung der EU in anderer Form – also ein Vorgang, den neoliberale Marktfundamentalisten laut als Sündenfall beklagen.
  • Die Vorschriften aus dem Fiskalpakt, mit dem die Defizite der Staatshaushalte auf höchstens 3 % und die Staatsverschuldung auf 60 % des BIP begrenzt werden müssen, wurden außer Kraft gesetzt. Die Eurostaaten können ihre Haushalte ohne rigide Sparvorgaben gestalten. Damit ist aber auch die gefürchtete Konditionalität von EU-Geldern weitgehend vom Tisch. Mit dieser Konditionalität wurde in der „Eurokrise“ die Mittelvergabe mit dem Zwang zu Kürzungen in den Sozialetats, bei den Renten, bei den Gehältern und mit Zusagen zu sogenannten Strukturreformen verbunden.
  • Next Generation stellt allerdings eine Konditionalität zu den Empfehlungen des „Europäischen Semesters“ her. Dieses Semester ist ein institutionalisierter regelmäßiger Abstimmungsprozess in der EU, in dem unter anderem Vorgaben für Strukturreformen erarbeitet werden. So mahnt das Semester beispielsweise für Frankreich eine Vereinfachung des Steuersystems an und für Italien eine Effektivierung der Justiz. Bei der Mittelzuweisung für Next Generation wird verlangt, dass die Projekt-Vorschläge der einzelnen Länder im Einklang mit den Vorgaben des Europäischen Semesters stehen müssen. In der Realität dürfte das allerdings keine große Rolle spielen, weil beispielsweise ein im nationalen Next Generation-Programm geplanter Bau eines Windparks keinen Bezug zum Justizsystem hat und somit den Vorstellungen aus Brüssel gar nicht widersprechen kann.
  • Bei der Bemessung der Hilfsgelder pro Land wurden erstmals Faktoren des Bedarfs angewandt. So spielten bei ihrer Errechnung die Höhe der Arbeitslosigkeit und das BIP pro Kopf eine große Rolle. Die Betroffenheit durch Corona hatte demgegenüber nur einen untergeordneten Einfluss auf die Mittelvergabe. Sie orientierte sich eher am Wohlstandsgefälle und an sozialen Verwerfungen und ist damit auch als eine Intensivierung der EU-Kohäsionspolitik zu betrachten, mit der die EU bisher eher erfolglos versuchte, gegen die Fliehkräfte des Marktes anzugehen. Dieses durchaus sinnvolle Vorgehen führte übrigens in neoliberalen Kreisen zum nächsten Aufschrei, da ihrer Doktrin nach dadurch nur diejenigen belohnt werden, die durch eine falsche Wirtschaftspolitik Arbeitslosigkeit und Wachstumsschwäche selbst verschuldet hätten.
  • Wegen seines Umfangs kann Next Generation durchaus eine Hilfe bei der wirtschaftlichen Sanierung der schwächeren europäischen Länder leisten. Diese Mittel sind, auf mehrere Jahre gerechnet, keineswegs so gigantisch, wie es auf den ersten Blick vielleicht erscheint - aber sie schaffen doch Möglichkeiten für zusätzliche Investitionen in einem fühlbaren Ausmaß.

„Next Generation“: Zugesagte Finanzrahmen aus der „Recovery and Resilience Facility“ (Euro)

Italien 191,5 Mrd.
Spanien 140,0 Mrd.
Portugal 16,6 Mrd.
Griechenland 30,5 Mrd.
Frankreich 39,4 Mrd.
Deutschland 25,6 Mrd.
Quelle: Europäische Kommission

 

  • Eine Verwendungs-Vorgabe soll 37 % aller Investitionen in Umweltprojekte leiten, was eine Abkehr vom Marktfundamentalismus bedeutet, wonach „der Markt“ die Umwelt zu retten habe und die Politik dazu höchstens ein paar preisgünstige CO2-Zertifikate beitragen dürfe. Die EU geht hier einen Schritt in Richtung aktive, gestaltende Umweltpolitik.
  • Bei der Geldbeschaffung werden die Geschäftsbanken und Kapitalmärkte eine eher untergeordnete Rolle spielen. Die EZB kann mit ihren 1.850 Milliarden Euro die Coronahilfen weitestgehend selbst finanzieren. Unklar ist allerdings, in welchen Umfängen sie Schuldverschreibungen der einzelnen Länder aufkaufen wird. Zunächst einmal hat sie griechische Anleihen, die bislang nicht angekauft wurden, wieder in das PEPP einbezogen. Bisher hatte die EZB starre Regeln und durfte Anleihen nur in Relation zum Kapitalanteil des jeweiligen Landes an der EZB erwerben. Das PEPP-Programm beinhaltet Lockerungen dieser Vorschriften, die es ermöglichen, Aufkäufe ab sofort stärker nach dem tatsächlichen Finanzbedarf zu gestalten.

Ob und wie effektiv Next Generation tatsächlich wirkt, liegt damit zum größten Teil an den EU-Ländern selbst. Es hängt davon ab, wie viele Mittel sie abrufen und ob sie diese Gelder tatsächlich für ökologische Projekte und für Projekte zur Stärkung der Produktionsbasis einsetzen werden. Ein Selbstläufer ist das nicht, da es immer Möglichkeiten gibt, Finanzhilfen unsachgemäß zu verwenden. Unabhängig davon ist diese Konstellation aber interessant für die Diskussion über die Zukunft Europas und der Eurozone. Erleben wir hier also tatsächlich gerade eine wirtschaftspolitische Kehrtwende oder handelt es sich nur um eine kurze Episode, die schnell wieder zum neoliberalen Kern der EU zurückführen wird? Vermutlich weder das eine, noch das andere! Mit einiger Sicherheit wurde aber durch die Coronahilfen ein neues Feld der wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung eröffnet. Was wir derzeit sehen, spricht jedenfalls nicht für die manchmal von Links vertretene Position, die EU und vor allem die Währungsunion, seien ausschließlich neoliberale Projekte. Die Vertreter des Marktradikalismus haben gegenwärtig keine Konjunktur. Offensichtlich sind in der EU auch andere Politikvarianten möglich, als nur die neoliberale und selbst eine vollständige Rückkehr zu den vorherigen Restriktionen aus dem Fiskalpakt ist keineswegs so ausgemacht, wie viele linke Europakritiker denken. Dass große Euroländer wie Italien, Spanien und auch Frankreich nach den Coronaprogrammen ein Revival der erdrosselnden Spar- und Schuldentilgungsvorschriften aus Brüssel hinnehmen werden, ist nicht sehr wahrscheinlich. Jedenfalls können wir entsprechende Konflikte erwarten. Eine Schlüsselrolle wird dabei Deutschland mit seiner neuen Regierung spielen. Die Argumentation, Europa erschwere oder verhindere eine fortschrittliche, sozial und ökologisch orientierte Politik der Nationalstaaten, dreht sich damit um: Die Frage ist derzeit weniger, ob die EU die Nationen an einer solchen Politik hindert, sondern ob nicht vielmehr umgekehrt einige Nationen, allen voran Deutschland, die EU daran hindern.


[1] Genauere Angaben dazu in: Roland C. Pauli „Boomstädte und Schrumpfregionen“ isw-Report 120, Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung, München, Februar 2020 [2] Die Zahlen sind unterschiedlichen Presseberichten und gtai -Länderstudien entnommen.