Medien zu kritisieren ist wie übers Wetter schimpfen – es geht (fast) immer. Jede und jeder hat eine Meinung, und alle posaunen sie heraus: Die Schlesinger-Affäre beim RBB? Eine Schande! Das Programm der Öffentlich-Rechtlichen? Langweilig und fad! „Schafft endlich das Fernsehen ab“, titelte erst neulich die Berliner Zeitung. Die Corona-Berichterstattung? Oberflächlich und manipulativ! Und die Ukraine? Genauso! Die Welle der Kritik nimmt kein Ende. Sie kommt im Schlagzeilenformat und spült in ihrer Wucht gern alles und jede und jeden vom Tisch. Das kann amüsant und erhellend sein oder langweilig und nervig. 
Denn wer Ausgewogenheit will, sollte auch ausgewogen argumentieren. Aber manche Kritiker:innen bekämpfen Feuer lieber mit Feuer.

Ganz vorn dabei: die „Querdenker“-Fraktion. Seit Corona bedient sie die komplette Bandbreite der Medienkritik. Zwischen „Tiefenstaat“ und „Meinungsdiktatur“ werden hier korrupte Medien gern Teil verquerer Erzählungen. Heraus kommt die vermeintlich ganze Wahrheit – alles zur Rettung der Demokratie, versteht sich. Sieht man aber genauer hin, wird aus dieser Wahrheit meist nur ihr berühmtes Körnchen – aufgeplustert, schabloniert und verstrickt in Informationsblasen, deren Sinn sich einem schwer erschließt. 

Das ist schade, denn Medienkritik ist wichtig und gut! Wo kämen wir denn hin, wenn wir nicht kritisch beäugten, was Medien und ihre Macher:innen uns vorsetzen? Fundiert und genau sollte die Kritik sein; gern auch politisch – dann aber bitte transparent!

Eine Initiative, die das leistet, ist die Linke Medienakademie (LiMA) mit Sitz in Berlin. Seit 2009 fördert sie links-kritische Perspektiven auf die Medien – und in den Medien. Kritische Medienkompetenz nennt sich das. „Unser Ziel ist soziale Gerechtigkeit, und ‚ein gutes Leben für alle‘“, erzählt Helge Groß. Er gehört zu den vier Teilzeitkräften, die die LiMA am Laufen halten.

Ihr jährliches Highlight ist die LiMA-Woche: 400 Medienmacher:innen, Aktivist:innen und Journalist:innen besuchen Workshops zu Medien, Journalismus und politischer Arbeit. Das ist keine kleine Leistung und braucht „viel Engagement, Einsatz und Unterstützung“, sagt Groß. Aber diese Arbeit lohne sich. „Es gibt so viel Hass, Abwertung und Ausgrenzung, es braucht Initiativen, die versuchen, etwas zu tun.“ Die LiMA sei solch eine Initiative. Ihr Netzwerk bringt Menschen und Projekte aus dem linken Spektrum zusammen, denen die aktuelle (Medien-)Welt nicht passt.

Ein Beispiel sind die Neuen Deutschen Medienmacher:innen (NDM). Ihr Ziel ist mehr Vielfalt in deutschen Redaktionen, denn viele Journalist:innen in Deutschland sind sich ziemlich ähnlich: Sie sind weiß, gut gebildet und ihre Eltern haben Geld. Migrant:innen, Arbeiterkinder, Ostdeutsche sucht man in deutschen Redaktionen mit der Lupe. Ihre Perspektiven fallen so oft aus den Medien. NDM zeigt auf diese Lücken und schließt sie.

Diese Arbeit ist wichtig, denn Medien bieten uns Orientierung in der Welt. Klar ist das problematisch, wenn ganze Stücke aus dieser Welt in den Medien fehlen. Trotzdem sind Journalist:innen oft Sündenböcke für Probleme, die tiefer gehen und breiter streuen. 
Soziale Ungleichheit, zum Beispiel. Die wurzelt in unserer Gesellschaft, nicht in den Medien, und ihr Wandel braucht mehr als Kritik – sie braucht Engagement.

Anmerkung: Dieser Artikel erschien unter dem Titel „Über die Medien meckern? Nur zu, legen Sie los!“ in ähnlicher Fassung in der Berliner Zeitung.